Leitsatz

  1. Die Bewertungseinheit der Beteiligung an einer AG schließt die Einzelbewertung von Aktien nicht aus, sobald sie nicht mehr dazu bestimmt sind, eine dauernde Verbindung zu der AG herzustellen.
  2. Bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Einziehung unentgeltlich zur Verfügung gestellter Aktien (§ 237 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 und 5 AktG) gehen die anteiligen Buchwerte der von einem Aktionär zur Einziehung zur Verfügung gestellten Aktien mit deren Übergabe auf die dem Aktionär verbleibenden Aktien anteilig über, soweit die Einziehung bei diesen Aktien zu einem Zuwachs an Substanz führt.
  3. Soweit die Einziehung der von dem Aktionär zur Verfügung gestellten Aktien bei den Aktien anderer Aktionäre zu einem Zuwachs an Substanz führt, ist der auf die eingezogenen Aktien entfallende anteilige Buchwert von dem Aktionär ergebniswirksam auszubuchen.
 

Sachverhalt

Die X-KG war mit 601000 Aktien zu 74,94 % am Grundkapital der S-AG beteiligt. Im Jahresabschluss zum 31.12.1992 wies sie die Beteiligung mit 43387794 DM aus. 1993 setzte die S-AG ihr Grundkapital durch Einziehung von 200000 Aktien um 10 Mio. DM herab, um im Rahmen eines Sanierungsplans eine entsprechende Kapitalrücklage zu bilden. Die entwerteten Aktien stellte die X-KG 1993 unentgeltlich zur Verfügung; im Handelsregister wurde die Kapitalherabsetzung 1994 eingetragen.

Nach Veräußerung weiterer 6000 Aktien in 1993 war die X-KG am 31.12.1993 noch mit 395000 Aktien bzw. 65,61 % am Grundkapital der S-AG beteiligt. Die Beteiligung bewertete sie mit 28516654 DM. Den auf die eingezogenen Aktien entfallenden Buchwert behandelte sie als laufenden Aufwand. Das Finanzamt ging davon aus, die verbliebene Beteiligung sei mit 42954654 DM zu bewerten. Die auf die eingezogenen Aktien entfallenden Anschaffungskosten könnten nicht gewinnwirksam ausgebucht werden. Einspruch und Klage waren erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Die Aktien der S-AG haben vor und nach der Kapitalherabsetzung bei der X-KG eine Beteiligung gebildet, denn die Beteiligung war der wesentliche Vermögensgegenstand der X-KG. Entsprechend hat sie diese in ihren Bilanzen auch ausgewiesen. Die Verwahrung im Streifbanddepot steht dem nicht entgegen, denn auf die Art der Verwahrung kommt es nicht an.

Die Beteiligung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich mit den Anschaffungskosten oder mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten. In welchem Umfang sich der Buchwert der Beteiligung im Streitjahr durch den Abgang von Aktien ergebniswirksam verringert hat, hängt zunächst davon ab, ob diese Aktien einzeln bewertet werden können. Das bejaht der BFH hinsichtlich der Veräußerung von 6000 Aktien als auch hinsichtlich der Herauslösung aus der Beteiligung mit der Zustimmung zur Kapitalherabsetzung, denn dadurch hat die X-KG die mit den jeweiligen Wertpapiernummern konkret bezeichneten Aktien einem anderen Zweck als der dauernden Verbindung zur S-AG gewidmet. Dass die Kapitalherabsetzung auch der Erhaltung der Beteiligung an der S-AG diente, spielt keine Rolle. Die eingezogenen Aktien sind mit 0 DM zu bewerten, denn der auf sie entfallende Buchwert geht auf die verbliebenen Aktien über, soweit die Einziehung bei diesen zu einem Zuwachs an Substanz geführt hat.

Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln entfallen die bisherigen Anschaffungskosten anteilig auf die neuen Anteile, da sich dadurch weder das Vermögen der Gesellschaft noch der Anteil des einzelnen Gesellschafters substantiell ändert. Damit wird verhindert, dass der Aktionär beim Zugang neuer Aktien einen Gewinn ausweisen muss. Für den entgegengesetzten, wirtschaftlich entsprechend anzusehenden Fall einer Kapitalherabsetzung durch Einziehung unentgeltlich zur Verfügung gestellter Aktien fehlt eine gesetzliche Regelung. Da die AG auf diese Aktien keine Kapitalrückzahlung leistet, ändert sich ihr Vermögen nicht. Beim Aktionär bewirkt die Einziehung von Aktien einen Substanzzuwachs bei den verbleibenden Aktien. Seine Mitgliedschaftsrechte verteilen sich nach der Kapitalherabsetzung auf weniger Aktien als zuvor; dem entspricht ein Wertzuwachs der einzelnen Aktie. Tragen alle Anteilseigner im Verhältnis ihrer Beteiligung zur Kapitalherabsetzung bei, ändern sich auch die Beteiligungsverhältnisse nicht. Dann ist die Kapitalherabsetzung für die AG und für den Aktionär im wirtschaftlichen Ergebnis neutral. Die insoweit bestehende Regelungslücke schließt der BFH dahin, dass die anteiligen Buchwerte, soweit sie auf die einzuziehenden Aktien entfallen, mit deren Übergabe den Aktien zuzuordnen sind, die dem Aktionär nach der Kapitalherabsetzung verbleiben, soweit die Einziehung bei diesen Aktien zu einem Zuwachs an Substanz geführt hat.

Im Streitfall hat die X-KG der S-AG die zur Einziehung vorgesehenen Aktien unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die steuerlichen Folgen aus der Kapitalherabsetzung sind im Streitjahr zu ziehen. Grundsätzlich. wird die Kapitalherabsetzung erst mit Eintragung des Beschluss...

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