Leitsatz

Für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ist bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abzustellen, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat.

Der Partei ist i.d.R. eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses zuzugestehen. Der Zeitraum kann sich nach den Umständen des Einzelfalls angemessen verlängern.

Wenn eine Klage bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht worden ist, die Zustellung der Klage aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt ist, sind bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse in die maßgebliche 14-Tages-Frist nicht mit einzurechnen.

 

Normenkette

WEG § 46 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 167

 

Das Problem

Wohnungseigentümer K geht gegen mehrere Beschlüsse vor, die die Wohnungseigentümer am 16.6. gefasst haben. Seine Anfechtungsklage geht am 13.7. ein. Durch Schreiben der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (AG) vom 15.7. (Freitag) wird K unter Verweisung auf die Regelung des § 12 Abs. 1 GKG zur Einzahlung der dortigen Gebühr aufgefordert. Die Gebühr geht am 9.8. bei der Justizkasse ein. Die Klage wird sodann dem Verwalter am 17.8. zugestellt. Mit am 16.8. beim AG eingehenden Schriftsatz begründet K die Klage und beantragt wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zugleich erweitert er die Klage um einen Verpflichtungsantrag. Das AG weist die Klage wegen Versäumnis der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ab. Die Berufung bleibt erfolglos. Dagegen wendet sich K mit der Revision. Mit Erfolg!

 

Die Entscheidung

K hat nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt. Die Klage sei zwar nicht innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung (16.6.) zugestellt worden. Die Zustellung wirke jedoch gemäß § 167 ZPO auf den Tag der Einreichung der Klage am 13.7. zurück.

  1. Das Merkmal "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO sei erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen hielten. Für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ist bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abzustellen, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert habe.
  2. Der Umstand, dass zwischen dem anzunehmenden Zeitpunkt des Zugangs der Gerichtskostenrechnung (erst) am 20.7. und dem Eingang des Gerichtskostenvorschusses am 9.8. mehr als 14 Tage lägen, stehe deshalb der Annahme einer "demnächstigen" Zustellung i.S.d. § 167 ZPO nicht entgegen. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Kläger eine Verfahrensverzögerung von mehr als 14 Tagen vorgeworfen werden könne. Dies sei nicht der Fall. Denn die Partei müsse nicht an demselben Tag tätig werden, an dem die Anforderung der Gerichtskosten bei ihr eingehe. Es sei vielmehr auch die Zeitspanne zu berücksichtigen, die die Partei im Normalfall benötige, um für eine ausreichende Deckung des Kontos zu sorgen und die Überweisung zu veranlassen. Der Partei sei deshalb in der Regel eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses zuzugestehen. Der Zeitraum könne sich nach den Umständen des Einzelfalls angemessen verlängern. Bei einer Zustellung der Gerichtskostenrechnung am 20.7. (Mittwoch) könne K deshalb ein Untätigbleiben jedenfalls bis einschließlich des 27.7. nicht vorgeworfen werden. Der maßgebliche Zeitraum von 14 Tagen hätte hiernach ab dem 28.7. begonnen und wäre erst am 10.8. (Mittwoch) abgelaufen, sodass die Zahlung des Vorschusses am 9.8. noch innerhalb des hinnehmbaren Zeitraums erfolgt sei.
  3. Eine über 14 Tage hinausgehende Verzögerung der Zustellung der Klage könne K aber selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn ihm die Gerichtskostenrechnung bereits am 18.7. (Montag) oder sogar noch früher zugegangen wäre. Denn einem Kläger könne nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er in der Zeit von der Einreichung der Klage bis zum Ablauf der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG nichts unternommen habe. Wenn eine Klage bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht worden, die Zustellung der Klage aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt sei, seien bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse in die maßgebliche 14-Tages-Frist nicht mit einzurechnen (Hinweis u.a. auf BGH, v. 29.9.2017, V ZR 103/16, NJW-RR 2018 S. 461 Rn. 6). So liege der Fall hier. Da die Klagefrist erst am 18.7. (Montag) abgelaufen sei, seien bis dahin eingetretene Versäumnisse K nicht zuzurechnen. Eine im Rahmen des § 167 ZPO relevante Verzögerung der Zuste...

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