Aus den Kapiteln 9.1.1 und 9.1.2 lassen sich unter anderem folgende Ergebnisse festhalten:

  • Gemäß § 255 Abs. 1 HGB gehören zu den Anschaffungskosten auch die Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft eines Gebäudes. Hierzu zählen unteren anderem die individuelle Zweckbestimmung des Erwerbers und damit letztlich auch die Frage, welchen Standard das Gebäude künftig aufweisen soll. Eine vor der Ingebrauchnahme des Gebäudes durchgeführte Standardanhebung führt damit zu Anschaffungskosten (BMF-Schreiben v. 18.7.2003, Rn. 9 ff.).
  • Zudem fallen gemäß § 255 Abs. 2 HGB Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung eines Gegenstands unter die Herstellungskosten. Eine wesentliche Verbesserung kann ebenso in einer nach Ingebrauchnahme des Gebäudes erfolgten Standardanhebung liegen.

Eine "Standardanhebung" – auch unter dem Stichwort "Standardverbesserung" oder als "Gebrauchswerterhöhung" diskutiert bzw. als dessen prägendes Merkmal angesehen (Kulosa in Schmidt 2014, § 6 Rn. 183) – kann also entweder zu Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB oder zu Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB führen. Es ergibt sich folgende Regel:

  • Erfolgt die Standardanhebung vor dem Nutzungsbeginn des Gebäudes, stellt sie eine Herstellung der Betriebsbereitschaft dar. Dies führt zu Anschaffungskosten.
  • Erfolgt die Standardanhebung nach dem Nutzungsbeginn des Gebäudes, stellt sie eine wesentliche Verbesserung dar. Dies führt zu Herstellungskosten.

Nach der Rechtsprechung des BFH (z. B. Urteil v. 12.9.2001, IX R 39/97, BStBl. 2003 II S. 968) ist dabei zwar Abs. 1 des § 255 HGB vor dessen Abs. 2 zu prüfen, dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Denn gleichgültig ob es sich bei der Standardanhebung um Anschaffungskosten oder um Herstellungskosten handelt, in beiden Fällen ist die Rechtsfolge dieselbe: Die Bemessungsgrundlage für die AfA wird erhöht, womit es sich gerade nicht um sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen handelt.

Damit bleibt nur noch zu beantworten, wann denn eine solche "Standardanhebung" zu bejahen ist. Unabhängig davon, ob die Standardverbesserung zu Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB oder nachträglichen Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB führt, stellen die Rechtsprechung (seit den Urteilen des BFH v. 12.9.2001, a. a. O. und IX R 52/00, BStBl. 2003 II S. 574) sowie die Verwaltung (BMF-Schreiben v. 18.7.2003, Rn. 9 ff. und 25 ff.) "vor allem" – so die Formulierungen in den genannten Quellen –, auf die folgenden vier grundlegenden Ausstattungsmerkmale einer Wohnung ab:

  • Fenster
  • Heizung
  • Sanitärinstallation
  • Elektroinstallation

Werden mindestens drei dieser vier zentralen Ausstattungsmerkmale auf einen höheren Standard gebracht, gehört der Gesamtaufwand demgemäß je nach Fallkonstellation zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

 
Wichtig

Verbesserungen außerhalb dieser vier Bereiche sollen grundsätzlich gänzlich außer Betracht bleiben (BFH, Urteil v. 20.8.2002, X R 55/00, BFH/NV 2003 S. 301, Ziff. II 2 b der Entscheidungsgründe, betrifft Bodenbeläge und Türen).

Die Berücksichtigung genau dieser vier Ausstattungsmerkmale ist zwar derzeit noch geltende Rechtsprechung, aber nicht in Beton gegossen. Es ist m. E. nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise das Kriterium der "Elektroinstallation", das bei Renovierungen immer weniger eine Rolle spielen wird, in absehbarer Zeit gegen das Kriterium der "Energieeffizienz" oder der "Wärmedämmung", das bei Renovierungen hingegen eine besondere Rolle spielt, "ausgetauscht" wird (so z. B. von Kulosa in Schmidt 2014, § 6 Rn. 183 vorgeschlagen). Man sollte also in der Praxis bei entsprechenden Arbeiten diesbezüglich Vorsicht walten lassen. Die Standards, die hierbei zugrunde gelegt werden, sind:

  • Sehr einfach (die grundlegenden Ausstattungsmerkmale einer Wohnung sind lediglich im notwendigen Umfang oder technisch überholt vorhanden).
 
Praxis-Beispiel

Sehr einfache Ausstattung nach BMF-Schreiben v. 18.7.2003 (Rn. 11):

  • Das Bad besitzt kein Handwaschbecken.
  • Das Bad ist nicht beheizbar.
  • Eine Entlüftung ist im Bad nicht vorhanden.
  • Die Wände im Bad sind nicht überwiegend gefliest.
  • Die Badewanne steht ohne Verblendung frei.
  • Es ist lediglich ein Badeofen vorhanden.
  • Die Fenster haben nur eine Einfachverglasung.
  • Es ist eine technisch überholte Heizungsanlage vorhanden, z. B. Kohleöfen.
  • Die Elektroversorgung ist unzureichend.
  • Mittel (die grundlegenden Ausstattungsmerkmale der Wohnung dienen durchschnittlichen oder gehobenen Ansprüchen).
  • Sehr anspruchsvoll ("Luxussanierung" im Hinblick auf die grundlegenden Ausstattungsmerkmale, insbesondere bei Verwendung besonders hochwertiger Materialien).
 
Praxis-Beispiel

Der Eigentümer eines bewohnten, verwahrlosten Wohnhauses lässt die alten Kohleöfen durch eine moderne Heizungsanlage ersetzen. Er baut anstelle der einfach verglasten Fenster Isolierglasfenster ein. Zudem modernisiert er das Bad, wobei er zusätzlich zur Badewanne eine separate Dusche einbaut, und lässt den Raum durchgängig fliesen. Im Übrigen lässt er Schönheitsreparaturen du...

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