Leitsätze (amtlich)

  1. Einem Arbeitnehmer, der einen aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushalt führt und am Beschäftigungsort in einer eigenen Eigentumswohnung wohnt, steht ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG sowie der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG für diese Wohnung zu, wenn er statt der notwendigen, durch die doppelte Haushaltsführung entstandenen Mehraufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Beschäftigungsort und Wohnort gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzieht (Fortführung der Senatsurteile vom 14.12.1994, X R 74/91, BStBl II 1995, S. 259 = INF 1995, S. 252; vom 11.12.1996, X R 15/96, BStBl II 1997, S. 221 = INF 1997, S. 282).
  2. Macht der Arbeitnehmer für die Eigentumswohnung am Arbeitsort keine Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG geltend, kann er auch die vor Beginn der erstmaligen Eigennutzung der Wohnung entstandenen Finanzierungsaufwendungen nach § 10e Abs. 6 EStG als Vorkosten abziehen, die in einem Veranlagungszeitraum bezahlt worden sind, in dem er noch in einer Mietwohnung am Beschäftigungsort wohnte, deren Kosten er nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abzog.
 

Sachverhalt

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Aufgrund seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit mietete der Kläger am 1.7.1992 eine Wohnung am Beschäftigungsort. Durch notariellen Vertrag vom 6.11.1992 erwarben die Kläger als Miteigentümer je zur Hälfte eine (noch zu errichtende) Eigentumswohnung am Beschäftigungsort, die im April 1994 bezugsfertig wurde und seitdem vom Kläger zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Die Kläger zogen in 1994 Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG nur für die Zeit bis zum Bezug der Eigentumswohnung als Werbungskosten ab. In den ESt-Erklärungen für die Streitjahre 1992 und 1993 beantragten die Kläger jeweils den Abzug von Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten. Die Finanzierungskosten für die Eigentumswohnung machten sie als Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung antragsgemäß als Werbungskosten; die Schuldzinsen ließ es dagegen nicht zum Abzug als Vorkosten zu, weil neben dem Abzug als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG der Abzug von Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG für eine Wohnung am Beschäftigungsort ausgeschlossen sei. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision des Finanzamts blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

1. Nach der Rechtsprechung des Senats hat ein Arbeitnehmer, der einen aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushalt führt und am Beschäftigungsort in einer eigenen Wohnung wohnt, keinen Anspruch auf die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG und den Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG, wenn er die (notwendigen) Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzieht[2]. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.

2. Ein Nebeneinander von Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG und Wohneigentumsförderung kann aber in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer von einer Mietwohnung in eine eigene Wohnung umzieht und Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung nur für den Zeitraum geltend macht, in dem er zur Miete wohnt. Wählt der Arbeitnehmer anstelle des Abzugs der Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung den Abzug der Kosten für die Fahrten zwischen Familienwohnung und Arbeitsstätte, gewährt die Finanzverwaltung die Grundförderung und den Vorkostenabzug nach § 10e EStG[3]. Der Senat teilt die Auffassung, dass allein die rechtliche Möglichkeit zum Abzug der notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht zum Ausschluss der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG führt. Der Vorrang des Werbungskostenabzugs gilt nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten geltend macht. Nimmt er die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, die notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten abzuziehen, nicht in Anspruch, sondern macht er statt dessen wie bei einer privat veranlassten doppelten Haushaltsführung die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Familienwohnung und Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG geltend, kann die Wohneigentumsförderung nicht unter Hinweis darauf versagt werden, es handle sich bei den Aufwendungen für die eigene Zweitwohnung am Beschäftigungsort um beruflich veranlasste Aufwendungen, die unabhängig von ihrer steuerlichen Geltendmachung der Wohneigentumsförderung entgegenstehen. Wählt der Arbeitnehmer den Abzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG, ist der Abzug von Aufwendungen wegen einer beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung ausgeschlossen. Der Ausschluss, mit der Wohnung am Bes...

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