Das steht im Urteil

Eine doppelte Haushaltsführung ist auch dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn ein Ehegatte seinen bisherigen Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort des anderen Ehegatten verlegt, seine ursprüngliche Familienwohnung aber als Erwerbswohnung beibehält.

 

Der Sachverhalt

A und B sind seit 1999 verheiratet. Vor der Eheschließung arbeitete A in X, wo er eine Eigentumswohnung bewohnte. B war in Y tätig und bewohnte dort ein Einfamilienhaus. Nach der Eheschließung machte zunächst A für die Jahre 1999 bis 2001 Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit geltend. Danach – nämlich für die Streitjahre (2002 und 2003) – wollte nunmehr B entsprechende Aufwendungen bei ihren Einkünften berücksichtigt sehen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts entfällt die Möglichkeit des Abzugs von Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung durch ein nicht beruflich bedingtes Auswechseln des Lebensmittelpunkts mit dem (bisherigen) Ort der doppelten Haushaltsführung.

 

Die Meinung des BFH

Dieser Auffassung ist der BFH nicht gefolgt. Nach der gesetzlichen Regelung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) gehören zu den Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, "die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen". "Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt". Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung ist demnach eine Aufspaltung der normalerweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte. Das gilt auch für Ehegatten, die vor ihrer Heirat an verschiedenen Orten berufstätig waren, an ihren jeweiligen Beschäftigungsorten wohnten und nach der Eheschließung eine der beiden Wohnungen zur Familienwohnung gemacht haben. Im Streitfall hält es der BFH für nicht ausreichend geklärt, ob und ggf. an welchem Ort A und B in den Streitjahren und in den Jahren davor einen gemeinsamen Haushalt bzw. Lebensmittelpunkt begründet haben. Falls A und B nach ihrer Heirat die Wohnung der B in Y zum Familienwohnsitz bestimmt und A weiter am Ort seiner Beschäftigung in X gewohnt haben sollte, wäre es unerheblich, wenn A und B später den Familienwohnsitz nach X verlegt hätten. Denn die Verlegung des gemeinsamen Hausstands beiderseits berufstätiger Ehegatten hätte nicht zu einer Beendigung der beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung geführt. Sollten A und B erstmals im Streitjahr 2002 einen gemeinsamen Haushalt am Beschäftigungsort des A (X) errichtet haben, stünde dies ebenfalls der beruflichen Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung nicht entgegen. Im Hinblick auf den in Art. 6 Abs. 1 GG verbürgten Schutz von Ehe und Familie ist es nicht zu rechtfertigen, den Werbungskostenabzug zu versagen, wenn die beiderseits berufstätigen Eheleute erst nachträglich einen Familienwohnsitz begründen. Der BFH weist abschließend darauf hin, dass nur "notwendige" Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG). Unterkunftskosten am Beschäftigungsort sind "notwendig", soweit sie den Durchschnittsmietzins einer 60 m2-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.10.2008, VI R 10/07v. 30.10.2008, VI R 10/07

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