Rz. 132

Das Genossenschaftsmitglied kann jederzeit ohne Angabe von Gründen oder Rechtfertigungen durch den wirksamen Ausspruch einer fristgerechten Kündigung seine Mitgliedschaft in der eG beenden (sog. "ordentliche" Kündigung). Entscheidend ist nur, dass die gesetzliche bzw. die satzungsmäßige Kündigungsfrist eingehalten wird. Das Ausscheiden erfolgt dann zum Ablauf der Kündigungsfrist, jeweils zum Schluss eines Geschäftsjahrs, in der Regel zum Ende des Kalenderjahrs. Eine Pflicht des Mitglieds, seine fristgerechte Kündigung zu begründen, könnte weder in der Satzung noch durch eine individuelle Vereinbarung zwischen der eG und dem Mitglied festgelegt werden (§ 65 Abs. 5 GenG). Das Recht des Mitglieds, die eG auch wieder verlassen zu können, ist ein wesentliches Recht. Niemand kann gegen seinen Willen ohne zeitliche Grenze an eine eG gebunden werden, selbst wenn dies den Interessen der eG zuwiderläuft.

 

Rz. 133

Umgekehrt hat die eG ihren Mitgliedern gegenüber kein eigenes ordentliches oder gar außerordentliches Kündigungsrecht. Ein solches ist im Genossenschaftsgesetz nicht vorgesehen. Die eG muss, falls der Impuls für eine Trennung von ihr ausgeht, das genossenschaftsrechtlich hierfür vorgesehene Ausschließungsverfahren gegen ihr Mitglied betreiben (§ 68 GenG, siehe hierzu Rn. 183 ff.).[1] Hierfür wäre dann allerdings ein Ausschließungsgrund erforderlich, der in der Satzung der eG auch niedergelegt sein müsste. Im Genossenschaftsgesetz selbst wird seit der Neuregelung im Jahr 2006 inzwischen kein eigener Ausschließungsgrund mehr genannt. Es ist also wichtig, dass die Satzung praktikable Regelungen zum Ausschluss enthält, und zwar in Form konkret benannter Gründe.

 

Rz. 134

Die Beendigung einer Mitgliedschaft im Wege der ordentlichen fristgerechten Kündigung durch das Mitglied ist in der Praxis der Regelfall. Demgegenüber kommt den anderen Beendigungswegen nur in Ausnahmefällen und somit eher selten Bedeutung zu.

Wichtigster Punkt im Rahmen der ordentlichen fristgerechten Kündigung durch das Mitglied ist die Einhaltung der Kündigungsfrist. Hier kommt es in der Praxis immer wieder zu Problemen. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sich die kündigenden Mitglieder das Vorliegen der satzungsmäßigen Kündigungsfrist im Zeitpunkt des Beitritts zur eG nicht klargemacht haben: Sie benötigen das eingesetzte Kapital nun schnell für andere Zwecke, etwa weil sie in einem neuen Mietverhältnis bei einem anderen Vermieter eine Kaution stellen müssen oder sie brauchen das für die eG eingesetzte Kapital für die Finanzierung eines Eigenheims (die Pflichtbeteiligung kann sehr hoch sein). Hier geraten gutmütige Vorstandsmitglieder oftmals in einen Zwiespalt, weil sie durch eine frühzeitige Auszahlung helfen möchten, die rechtlichen Vorgaben hier jedoch – zumindest nach der bisher herrschenden Ansicht – zwingend sind, sodass es für einen solchen Zielkonflikt kaum eine zufriedenstellende Lösung gibt. Eine Vereinbarung, die gegen die Regelungen des § 65 Abs. 14 GenG verstößt, galt bislang als unwirksam (§ 65 Abs. 5 GenG). Die vorzeitige Auszahlung des Guthabens stellt die Auszahlung von Geschäftsguthaben entgegen dem Genossenschaftsgesetz und der Satzung dar, was zu einer Ersatzpflicht der Vorstandsmitglieder führt (§ 34 Abs. 3 Nr. 1, § 22 Abs. 4 Satz 1 GenG). Auch wenn es in der Praxis ausgesprochen selten zu einer solchen Ersatzpflicht kommt, steht sie nach den gesetzlichen Vorschriften überdeutlich im Raum. Dies hat einerseits Bedeutung für die Feststellungen des Prüfers des genossenschaftlichen Prüfungsverbands. Zu einer handfesten Rechtsverfolgung mit Haftung auf Zahlung andererseits kann es in einem solchen Fall dann kommen, wenn die eG insolvent wird und der Insolvenzverwalter zur Sichtung des Restvermögens der eG alle Ansprüche der eG gegen dritte Personen, also auch gegen Organmitglieder, prüft.

Die Problematik des Kapitalabflusses stellt sich insbesondere bei jungen Genossenschaften, die angesichts sehr hoher Grundstückserwerbskosten inzwischen mitunter sehr hohe Einlagen verlangen (bis zu 100.000 EUR). Dieses Geld vor Ablauf der Kündigungsfristen auszuzahlen, stellt nach hier vertretener Auffassung für den handelnden Vorstand ein ganz erhebliches Risiko dar. Nach der jetzt im Vordringen befindlichen Auffassung wäre der Abschluss eines Aufhebungsvertrags möglich, bezieht man das Abweichungsverbot in § 65 Abs. 5 GenG, wie jetzt geschehen, ganz streng auf die Einzelheiten der vorhergehenden Absätze des § 65 GenG und geht man nicht mehr von der absoluten Geschlossenheit des Kanons an Beendigungsmöglichkeiten aus, die in § 65 Abs. 5 GenG ihren Ausdruck findet. Überzeugend ist diese neue Sicht nicht. Sie trägt vielmehr zur Verwässerung der (erforderlichen) Strukturen bei.

 

Rz. 135

Bei Auflösung der eG gilt Folgendes: Die Mitgliedschaft endet gemäß § 65 Abs. 4 Satz 1 GenG nicht, wenn die eG vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre, aufgelöst wird. Die Auflösung der eG steht der Beendigung der Mitgliedschaft jedoch n...

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