1 Die Rechtsnatur der Genossenschaft

Die Genossenschaft ist eine "juristische Person" mit eigenen Rechten und Pflichten (§ 17 GenG). Sie ist als solche rechtsfähig sowie aktiv und passiv parteifähig. Sie wird folglich als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen und kann vor Gericht klagen und verklagt werden. Für ihre Verbindlichkeiten haftet gegenüber den Gläubigern nur das Genossenschaftsvermögen. Dies schließt allerdings eine Haftung der Organmitglieder in Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber der Genossenschaft nicht aus, soweit diese schuldhaft die ihnen gegenüber der Genossenschaft obliegenden Pflichten verletzen (§§ 34, 41 GenG). Als "Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl" ist die Genossenschaft körperschaftlich strukturiert und folglich in ihrem Bestand unabhängig vom Wechsel der Mitglieder.

Parallelen zur AG

Richtet man das Augenmerk auf die eingetragene Genossenschaft (eG) als eigenständige Unternehmensform, so weist diese – auf den ersten Blick – eine frappierende Ähnlichkeit mit der Organstruktur der Aktiengesellschaft (AG) auf. Mit dem Vorstand als "Leitungsorgan", dem Aufsichtsrat als "Überwachungsorgan" und der Hauptversammlung als "Grundlagenorgan" spiegelt die AG – äußerlich betrachtet – weitestgehend auch die Verfassung der Genossenschaft wider. Nach den normativen Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes leitet der Vorstand die Genossenschaft gem. § 27 Abs. 1 GenG, ebenso wie der Vorstand der AG (§ 76 Abs. 1 AktG), unter eigener Verantwortung, d. h. ohne an die Weisungen anderer Organe – sei es der Mitgliederversammlung (Vertreterversammlung) oder des Aufsichtsrats – gebunden zu sein, jedoch in stringenter Bindung an die Satzung.

Angesichts der hier zutage tretenden weitreichenden Leitungsmacht des Genossenschaftsvorstands als Geschäftsführungsorgan, bedarf es folglich – wie bei der AG – einer effektiven Kontrolle des Vorstandshandelns. Folgerichtig obliegt es in beiden Rechtsformen dem Aufsichtsrat, "den Vorstand bei seiner Geschäftsführung zu beraten und zu überwachen" (§ 111 Abs. 1 AktG, § 38 Abs. 1 Satz 1 GenG). Sieht man hiervon ab, so haben die Bestimmungen des Aktienrechts noch gelegentlich eine weitere Bedeutung für die Genossenschaft, da die Rechtsprechung, insbesondere des Bundegerichtshofs (BGH), dazu neigt, angesichts der Lückenhaftigkeit des Genossenschaftsgesetzes bestimmte Regelungen des Aktiengesetzes in entsprechender Weise auf die Genossenschaft zu übertragen.

2 Der genossenschaftliche Fördergrundsatz

Trotz des hier anscheinenden Gleichklangs der Organverfassung beider Gesellschaftsformen, ergeben sich allerdings bei genauerer Betrachtung deutliche Strukturunterschiede zwischen der AG und der Genossenschaft, die ungeachtet der offensichtlichen Harmonisierung der Organstrukturen im Hinblick auf die Aufgaben des Aufsichtsrats – trotz aller Gemeinsamkeiten – deutliche Unterschiede aufweisen und ihren Ursprung in der unterschiedlichen Zielorientierung von AG und eG finden.

Soweit es die AG als Kapitalgesellschaft betrifft, orientiert sich deren Geschäftstätigkeit am Markt im Wettbewerb mit anderen Anbietern. Dies zeigt sich deutlich bei Immobiliengesellschaften, die ihre Leistungen, seien es Wohnungen oder Gewerberäume, allen anbieten, die bereit sind, die Miete und die weiteren Konditionen des Mietvertrags zu akzeptieren. Ziel ist es dabei, Gewinne zu akkumulieren und diese über Ausschüttungen und Kurssteigerungen an ihre Aktionäre weiterzugeben. Insofern sind Kapitalgesellschaften notwendig "Diener zweier Herren", die sowohl die Bedürfnisse ihrer aktuellen und potenziellen Mieter, als auch die Gewinnerwartungen ihrer Aktionäre in Rechnung zu stellen haben. Zwar sind auch Genossenschaften zur Bestandssicherung und im Rahmen von Investitionen in gewissem Umfang auf Gewinne angewiesen und stehen im Wettbewerb mit anderen Anbietern, doch gilt es zu berücksichtigen, dass die Mitglieder zugleich Gesellschafter und Kapitalgeber und in der Regel auch die Kunden (Mieter/Nutzer) des genossenschaftlichen Leistungsangebots sind.

2.1 Selbsthilfe, Selbstorganschaft und Selbstverwaltung

Nach den zwingenden Vorgaben des § 1 GenG sind Genossenschaften folglich "Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (…)". Insofern stellen Genossenschaften im Licht ihrer ökonomischen Ausrichtung im Kern kooperative Selbsthilfeeinrichtungen der in ihnen verbundenen Mitglieder (Genossen) dar. Im Mittelpunkt steht dabei das Bemühen, durch gemeinsames Handeln den Ausgleich eines markt- und/oder machtbedingten wirtschaftlichen Ungleichgewichts herbeizuführen.

Grundsatz der genossenschaftlichen Selbsthilfe

Dies spiegelt sich zugleich im Grundsatz der genossenschaftlichen Selbsthilfe wider, wie er sich in den Befugnissen der Generalversammlung (Mitgliederversammlung) oder – bei größeren Genossenschaften – in der Vertreterversammlung manifestiert, die weit über die Zuständigkeiten der Hauptversammlung einer AG hinausgehen, wie es sich beispielsweise bei d...

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