Leitsatz (amtlich)

Die AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG kann auch der Zweiterwerber im Herstellungsjahr nicht in Anspruch nehmen, wenn sie bereits bei einem Ersterwerber berücksichtigt worden ist. In diesem Fall schließt jedoch § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG die Inanspruchnahme der AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG durch den Zweiterwerber im folgenden Jahr nicht aus.

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb am 28.12.1993 eine Eigentumswohnung von der X-GmbH, die er ab 19.2.1994 vermietete. Die Wohnung war im Frühjahr 1993 fertig gestellt worden. Zunächst hatten sie D und E erworben und in der Zeit vom 15.6. bis 15.12.1993 vermietet. Danach wurde der Kaufvertrag zwischen ihnen und der X-GmbH aufgehoben. Für das Streitjahr 1993 machten sie degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 1993 geltend. Der Kläger beantragte für die Streitjahre 1993 und 1994 im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 1993 bzw. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG 1994 in Höhe von 7 %. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen nur AfA in Höhe von 2 % gemäß § 7 Abs. 4 EStG. Das FG wies die Klage ab[1]. Die Revision des Klägers hatte teilweise Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

  1. Die Revision ist hinsichtlich des Streitjahres 1993 unbegründet. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 Satz 3 EStG 1993 sind zwar dem Wortlaut nach nicht gegeben, denn der Hersteller hat für das Gebäude keine Abschreibungen nach § 7 Abs. 5 Satz 1 oder 2 EStG 1993 in Anspruch genommen. Aber nach dem Zweck der Vorschrift kann der (spätere) Erwerber für das Jahr der Fertigstellung die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 oder 2 EStG 1993 auch dann nicht geltend machen, wenn der vorherige Erwerber sie bereits in Anspruch genommen hat. § 7 Abs. 5 Satz 3 EStG 1993 will verhindern, dass die AfA gemäß § 7 Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG 1993 vom Hersteller und Erwerber gleichzeitig in Anspruch genommen wird[2]. Eine solche doppelte Steuervergünstigung ist aber in gleicher Weise gegeben, wenn zwei Erwerber die AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 oder 2 EStG 1993 im Jahr der Fertigstellung in Anspruch nehmen. Beide Alternativen sind wirtschaftlich gleichwertig und rechtfertigen keine unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung. Da die Absicht des Gesetzgebers aus den Gesetzesmaterialien eindeutig hervorgeht, ist die Regelung im Wege der Ausfüllung einer offenen Lücke auf den Streitfall entsprechend anzuwenden.
  2. Hinsichtlich des Streitjahres 1994 ist der Klage stattzugeben. In diesem Jahr kann es nicht mehr zu einer doppelten Inanspruchnahme der degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG 1994 kommen. Es besteht deshalb kein Grund, für weitere 15 Jahre die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG 1994 zu versagen. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 1994 ist zwar die Inanspruchnahme der degressiven AfA auch in den Folgejahren nicht möglich, "wenn" der Hersteller - oder analog der Ersterwerber - sie im Jahr der Fertigstellung in Anspruch genommen hat. Nach dem Zweck der Vorschrift ist ihr Anwendungsbereich jedoch abweichend vom Wortlaut dahin einzuschränken, dass sie dem Abzug degressiver AfA in den Folgejahren nicht entgegensteht.

Die Versagung der AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG würde hier zu einer Härte führen, die mit dem Zweck des § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG 1994 nicht vereinbar wäre. Der Kläger hat alle Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG 1994 erfüllt und durch die herstellungsnahe Anschaffung der Wohnung in typischer Weise dem Zweck dieser Regelung entsprochen. Zweck des § 7 Abs. 5 EStG ist es nämlich, einen Bauanreiz zu schaffen und eine Hilfe bei der Finanzierung zu bieten[3]. Dabei ist unerheblich, dass der Kläger nicht selbst Hersteller ist, entscheidend ist, dass er für einen professionellen Hersteller wie im Streitfall regelmäßig den Bauanreiz durch sein Kaufinteresse erst schafft.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 3.4.2001 – IX R 16/98

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