Die Preise von gewerblichen Immobilien werden üblicherweise in Form der sogenannten „cap rates” (Abkürzung für „capitalization rates”, Deutsch: Nettoanfangsrenditen) angegeben. Gebräuchlich ist auch die Bezeichnung „overall rate” (OAR). Die Cap Rate ist definiert als:

 
Cap Rate = derzeitiger jährlicher Cashflow
Marktpreis des Objekts

Unter dem Marktpreis wird üblicherweise der Kaufpreis ohne Nebenkosten verstanden. Diese Nebenkosten sind aus der Sicht des Käufers aber zu berücksichtigen, soweit er sie zu tragen hat.

Die Cap Rate kann man sich also als das Verhältnis der laufenden Netto-Einnahmen aus dem Investment zu den Anschaffungskosten vorstellen. Es handelt sich um den Kehrwert der sogenannten „Price/earnings ratio“ (Vervielfältiger). Der Vervielfältiger gibt dem Investor an, das Wievielfache des aktuellen Cashflows er aufwenden muss, um den Kaufpreis zahlen zu können.

Die Cap Rate ist alles andere als eine statische Größe. Die Immobilienmärkte sind ständig in Bewegung, weil sich immer wieder unerwartet die Rahmenbedingungen ändern (z. B. Zinsen, Steuern, Wirtschaftswachstum). Das heißt aber, dass die Mieten und Preise sich ständig anpassen müssen. Sie sind sozusagen immer auf dem Weg zum Gleichgewicht, aber selten im Gleichgewicht. Auf dem Weg zu einem neuen Marktgleichgewicht haben sich aber in der Regel die Gleichgewichtsbedingungen schon wieder geändert. Die drei wesentlichen Bestimmungsgründe der Cap Rate sind:

  • die Opportunitätskosten des Kapitals,
  • die Wachstumserwartungen und
  • das Risiko.

Die Opportunitätskosten des Kapitals sind die mit der Entscheidung für ein Vorhaben entgangenen Erträge aus alternativen Anlagen. Je höher diese sind, desto höher liegt ceteris paribus auch die Cap Rate. Steigen etwa die Zinsen am Rentenmarkt, so wird dies mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung auch die Immobilienrenditen nach oben ziehen. Die Anpassung vollzieht sich über Portfolioumschichtungen der Investoren, die aufgrund der Renditedifferenz Immobilien verkaufen und mit den Erlösen Staatsanleihen, Pfandbriefe und andere Rentenpapiere kaufen. Die Folge sind steigende Immobilien- und sinkende Anleiherenditen. Da in den letzten Jahren die Anleiherenditen ständig gefallen sind, nimmt es nicht Wunder, dass auch die Immobilienrenditen in Deutschland gefallen bzw. die gezahlten Vervielfältiger gestiegen sind.

Ein wesentlicher Einfluss auf die Höhe der Cap Rate geht außerdem von den Wachstumserwartungen der Investoren in Bezug auf den Zuwachs der Mieteinnahmen, Cashflows und Immobilienpreise in der Zukunft aus. Optimistische Wachstumserwartungen implizieren hier niedrige Cap Rates in der Gegenwart. Die Investoren geben sich mit niedrigen Einstiegsrenditen zufrieden, weil sie erwarten, dass sich die Rendite in der Zukunft verbessert. Umgekehrt ist ein von pessimistischen Zukunftserwartungen geprägter Teilmarkt von hohen Nettoanfangsrenditen geprägt.

Nicht zuletzt muss auch das Risiko in Bezug auf die Mieteinnahmen und die Kapitalmarktentwicklung berücksichtigt werden –, und zwar relativ zu anderen Investments bzw. Klassen von Anlageprodukten. Ein höheres Risiko impliziert auch eine höhere Cap Rate. Die Cap Rate kann sich also ändern, wenn sich allgemein die Risikoeinstellung an den Kapitalmärkten oder aber die relative Risikoeinschätzung zwischen den Anlageklassen ändert.

 

Beispiel 6.2

Zwei Mietwohngebäude stehen zum Verkauf, das eine in Stuttgart, das andere in Görlitz. Beide Gebäude haben je 10 Wohneinheiten. Mikrostandort, Ausstattungsstandard, Wohnfläche und bauliche Beschaffenheit sind in jeder Hinsicht vergleichbar. In beiden Gebäuden sind derzeit alle 10 Wohneinheiten voll vermietet.

Für die Stuttgarter Immobilie wird ein Kaufpreis von 1 Mio. EUR gefordert – bei einem aktuellen Cashflow in Höhe von 50.000 EUR. Die Görlitzer Immobilie soll bei einem Cashflow von 12.000 EUR lediglich 200.000 EUR kosten.

Die Berechnung der Cap Rates ergibt folgendes Bild:

 
Cap RateSt = 50.000 EUR * 100 = 5%
1.000.000 EUR
 
Cap RateGr = 12.000 EUR * 100 = 6%
200.000 EUR

Während man den Kauf der Stuttgarter Immobilie angesichts der auch mittel- und langfristig stabilen Wachstumsprognosen an diesem Vermietungsmarkt in Erwägung ziehen könnte, handelt es sich bei der Görlitzer Immobilie wegen der bereits heute hohen Wohnungsleerstände an diesem Standort möglicherweise um eine faule Offerte. Es erscheint keineswegs sicher, dass die Vollvermietung des Objekts nachhaltig gewährleistet ist. Angesichts dessen ist die Risikoprämie in der Cap Rate aber zu gering bemessen.

 

Zusammenfassung

Investitionsrechnungen erheben den Anspruch, Kriterien vorzugeben, nach denen die wirtschaftlichste Investitionsalternative ausgewählt werden kann. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht wird damit auf ein gewinnmaximierendes Investitionsverhalten abgestellt. Die volkswirtschaftliche Effizienzbedingung lautet: Grenzproduktivität des Kapitals = realer Kapitalmarktzins. Es gibt verschiedene Renditekennziffern, denen gemeinsam ist, dass sie eine Gewinngröße in Bezug zu eine...

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