Der Betreuer vertritt den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich; die Vertretung des Betreuten ist aber auf den Aufgabenkreis des Betreuers beschränkt (§ 1902 BGB). Der Aufgabenkreis ergibt sich aus dem gerichtlichen Bestellungsbeschluss[1] sowie der Bestellungsurkunde ("Betreuerausweis"). Der Betreuerausweis soll nach § 290 Satz 2 FamFG enthalten:

  1. die Bezeichnung des Betroffenen und des Betreuers;
  2. bei Bestellung eines Vereinsbetreuers oder Behördenbetreuers diese Bezeichnung und die Bezeichnung des Vereins oder der Behörde;
  3. den Aufgabenkreis des Betreuers;
  4. bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Bezeichnung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen;
  5. bei der Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung das Ende der einstweiligen Maßnahme.

Daraus folgt:

  • Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Betreuten hat eine umfassende Vertretungsmacht des Betreuers in seinem Aufgabenbereich (Abgabe und Empfang von Willenserklärungen im Namen und mit Wirkung für den Betreuten, auch im gerichtlichen Verfahren).
  • Für die Stellvertretung gelten die allgemeinen Regeln entsprechend (§§ 164 ff. BGB).

Zu beachten ist aber, dass die Bestellung eines Betreuers nicht voraussetzt, dass der Betreute geschäftsunfähig ist.[2]

Daraus folgt: Ist der Betreute geschäftsfähig, kann er weiterhin selbstständig rechtsgeschäftlich handeln, und zwar

  • außerhalb des Aufgabenkreises des Betreuers und sogar
  • im Aufgabenbereich seines Betreuers (!) (Ausnahme: Das Betreuungsgericht hat einen Einwilligungsvorbehalt des Betreuers gem. § 1903 BGB angeordnet[3])

Sofern der Betreute zulässigerweise neben dem Betreuer rechtsgeschäftlich handelt, ist hinsichtlich der Rechtsfolgen zu differenzieren:

  • Kollidieren beide Rechtsgeschäfte, z. B. wenn unterschiedliche Verfügungen über den gleichen Gegenstand erfolgen, dann hat die zeitlich zuerst erfolgte Willenserklärung Vorrang (Prioritätsprinzip[4]).
  • Liegt dagegen keine Kollision vor, so sind beide Rechtsgeschäfte wirksam; ggf. ist aber – insbesondere bei wirtschaftlich nachteiligen Geschäften – die Möglichkeit einer Rückgängigmachung zu prüfen.[5]
[1] S. Muster eines Betreuungsbeschlusses oben Ziff. 4.3.
[2] Palandt/Diederichsen, BGB, 71. Aufl. 2012, Einf. v. § 1896 Rn. 13 m.w.N.
[3] In diesem Fall benötigt der geschäftsfähige Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung.
[4] Jürgens/Jürgens, Betreuungsrecht, 4. Aufl. 2010, § 1902 BGB Rn. 4.
[5] ebd.

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