Leitsatz (amtlich)

Geben die Gesellschafter der Besitz-Personengesellschaft in zeitlichem Zusammenhang mit der Begründung der Betriebsaufspaltung der Betriebs-GmbH jeweils ein ungesichertes, unkündbares Darlehen, für das Zinsen erst zum Ende der 16-jährigen Laufzeit gezahlt werden sollen, so gehören die Darlehensforderungen zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitz-Personengesellschaft.

 

Sachverhalt

An der Klägerin, einer GbR, sind A und B zu je 50 % beteiligt. Beide sind auch Gesellschafter der A-GmbH, die am 7.6. 1990 in das Handelsregister eingetragen wurde. Zwischen GbR und GmbH besteht unstreitig eine Betriebsaufspaltung. Am 13.6.1990 gewährten A und B der GmbH Darlehen von je 100000 DM mit einer Laufzeit bis 1.7.2006. Die unkündbaren Darlehen sind nicht laufend verzinslich.

Statt dessen sollen A und B am 1.7.2006 je 400 000 DM für Tilgung und angesammelte Zinsen erhalten. Eine vorzeitige Zinszahlung ist ausgeschlossen, ebenso eine vorzeitige Tilgung. A und B behandelten ihre Darlehen als Privatvermögen. Das Finanzamt nahm hingegen Sonderbetriebsvermögen II von A und B bei der GbR an. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Bei einer Betriebsaufspaltung gehört die Darlehensforderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, wenn das Darlehen dazu dient, die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung des Besitzunternehmens an der Betriebsgesellschaft zu erhalten oder zu erhöhen[2]. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Darlehensaufnahme durch die Betriebsgesellschaft zur Verbesserung ihrer Vermögens- und Ertragslage weder notwendig noch zweckmäßig war, sondern dafür lediglich private Erwägungen, z.B. der Wunsch nach einer günstigen Kapitalanlage, maßgebend waren. Der erkennende Senat hat entschieden[3], dass ein Darlehen, das die Gesellschafter der Besitz-Personengesellschaft der Betriebs-GmbH gewähren, dann zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitz-Personengesellschaft gehört, wenn das Darlehen nicht marktüblichen Bedingungen entspricht. Die Beurteilung richtet sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalls. Als wesentliches Kriterium dafür, dass die Nutzungsüberlassung durch die betrieblichen Interessen der Besitz-Personengesellschaft veranlasst ist, hat der BFH das Fehlen fremdüblicher Nutzungsbedingungen angesehen. Des weiteren hat er - abgesehen von anderen, hier nicht einschlägigen Kriterien - darauf hingewiesen, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Nutzungsvertrages und der Begründung der Betriebsaufspaltung ein Indiz dafür sei, dass die Nutzungsüberlassung durch die wirtschaftlichen Interessen des Besitzunternehmens bestimmt sei. Diese beiden Indizien liegen hier vor.

Die streitigen Darlehen sind nicht zu fremdüblichen Bedingungen gewährt worden. Ein fremder Darlehensgeber hätte der GmbH einen Betrag von 100 000 DM nicht auf 16 Jahre unkündbar und ungesichert überlassen. Er hätte um so mehr Wert auf eine ausreichende Sicherheit gelegt, als die Zinsen nicht laufend gezahlt werden, sondern ihm erst nach Ablauf der 16-jährigen Laufzeit zufließen sollen. Einem fremden Darlehensgeber hätten sich erhebliche Zweifel daran aufgedrängt, ob die GmbH nach 16 Jahren überhaupt noch existieren würde, und ob sie dann in der Lage wäre, zweimal 400 000 DM zu zahlen. Die Darlehen wurden am 13.6.1990 und somit in zeitlichem Zusammenhang mit der Errichtung der GmbH und der Begründung der Betriebsaufspaltung gewährt. Die vorstehend dargestellten objektiven Beweisanzeichen sprechen demnach dafür, dass die streitigen Darlehen dazu dienten, das "Startkapital" der mit einem Stammkapital von 50 000 DM ausgestatteten Betriebs-GmbH zu verstärken.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 19.10.2000 – IV R 73/99

Anmerkung

Bei der Beantwortung der im Streitfall aufgetretenen Zuordnungsfrage ist zu beachten, dass die Gesellschafter einer (Besitz-)Personengesellschaft einen gleichrangigen, neben dem Interessenbereich der Personengesellschaft stehenden privaten oder betrieblichen Interessenbereich haben können. Dies kann dazu führen, dass Wirtschaftsgüter der Gesellschafter nicht dem Sonderbetriebsvermögen II, sondern dem gesellschaftsunabhängigen Bereich zuzuordnen sind[4]. Darlehen, die der "Sowohl-als-auch-Gesellschafter" der Betriebskapitalgesellschaft gewährt, können daher sowohl durch eigene wirtschaftliche Interessen des Gesellschafters als auch primär durch die betrieblichen Interessen der Besitzpersonengesellschaft veranlasst sein. Nur im letzteren Fall gehören die Darlehensforderung zum Sonderbetriebsvermögen II und die Darlehenszinsen zu den Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters. Im erstgenannten Fall gehört die Darlehensforderung zum Privatvermögen des Gesellschafters; die Zinsen führen zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

Für eine Veranlassung durch den Betrieb der Besitzpersonengesellschaft spricht regelmäßig der U...

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