Ausgleichspflicht

Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG haben mehrere Sanierungsverpflichtete unabhängig von ihrer Heranziehung durch die zuständigen Behörden untereinander einen Anspruch auf Kostenausgleich. Doch im Einzelfall kommt es immer wieder zu Streit – wie im folgenden Fall:

Vergifteter Boden

Die Klägerin hatte ein Grundstück zunächst gepachtet und später zu Eigentum erworben, auf dem vor langer Zeit eine Trockenschnitzelanlage betrieben worden war und auf dem sie ein Silo errichten wollte. Im Zuge der Bauvorbereitungen wurde ein cyanidhaltiges Gift ("Berliner Blau") gefunden, welches typischerweise im Bereich ehemaliger Gaswerke aufgefunden wird. Weitere Altlastenerkundungen ergaben, dass auf der Fläche der Trockenschnitzelanlage jedenfalls bis etwa 1910 eine Gasfabrik betrieben worden war, die das für die Beheizung und Beleuchtung der ehemaligen Zuckerfabrik benötigte Gas produziert hatte. Das Landratsamt verlangte von der Klägerin Sanierungsarbeiten, deren Kosten diese nicht alleine tragen wollte: Sie verklagte die frühere Grundstückseigentümerin, die das Objekt im Jahr 1926 erworben und dort (weiterhin) bis zum Jahre 1997 eine Zuckerfabrikation betrieben hatte.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das OLG Karlsruhe hat die Klage durch Grundurteil für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter – zunächst mit Erfolg!

Endstation BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Sache an das OLG zurückverwiesen und für die neue Verhandlung und Entscheidung zunächst im Grundsatz klargestellt: Die Ausgleichsverpflichtung sowie der Umfang des Ausgleichs bei mehreren Sanierungsverpflichteten hängen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG davon ab, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, soweit nichts anderes vereinbart ist. Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück zur Sanierung von Boden und Altlasten verpflichtet. Der frühere Eigentümer des Grundstücks ist nach § 4 Abs. 6 BBodSchG nur zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung hierbei kannte oder kennen musste.

Verbot der Rückwirkung

Insoweit sei die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG als Rechtsnachfolgerin für die früher verursachten Bodenverunreinigungen, der rechtlichen Nachprüfung nicht zutreffend. Eine allein auf den Wortlaut abstellende Anwendung des § 4 Abs. 3 BBodSchG führe hier zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung zulasten der Beklagten. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist durch eine verfassungskonforme Auslegung dahin zu reduzieren, dass sie auf eine im Jahr 1926 eingetretene Gesamtrechtsnachfolge nicht anzuwenden ist.

Verjährungsbeginn

Für das weitere Verfahren wies der BGH noch auf Folgendes hin: Die Verjährung des bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 24 Abs. 2 Satz 4 Fall 2 BBodSchG beginnt mit der Beendigung sämtlicher Maßnahmen, für deren Kosten Verpflichtete nach § 24 Abs. 1 BBodSchG haften, einschließlich der den eigentlichen Sanierungsmaßnahmen nachfolgenden, im Sanierungskonzept vorgesehenen Eigenkontrollmaßnahmen (§ 15 Abs. 2 BBodSchG).

(BGH, Urteil v. 29.9.2016, I ZR 11/15)

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