Leitsatz

Erhält ein Arbeitnehmer verbilligt Waren (z.B. Jahreswagen), die sein Arbeitgeber herstellt oder vertreibt, kann die Höhe des geldwerten Vorteils nach der Regelung des § 8 Abs. 2 EStG ohne Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag, oder mit diesen nach der des § 8 Abs. 3 EStG ermittelt werden.

 

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer mit Beschäftigungsort in A, der bei einem Kfz-Hersteller mit Sitz in B angestellt war, erwarb vom Arbeitgeber einen fabrikneuen Pkw mit einem Listenpreis von 45853 DM für 34707 DM. Der Arbeitgeber unterwarf einen geldwerten Vorteil von 5049 DM dem Lohnsteuerabzug. Dabei kürzte er den Listenpreis um die Hälfte des durchschnittlichen Händlerrabatts von 9,54 %, um einen Bewertungsabschlag von 4 % auf den verbliebenen Listenpreis sowie um den verbliebenen anteiligen Rabattfreibetrag. Das Finanzamt erfasste die 5049 DM bei der Veranlagung des Streitjahrs 1996 als Arbeitslohn. Mit der hiergegen erhobenen Klage wollte der Arbeitnehmer den Listenpreis – vor Abzug des Bewertungsabschlags und des Rabattfreibetrags – um 10 %, hilfsweise aber jedenfalls um den vollen durchschnittlichen Händlerrabatt von 9,54 % gekürzt wissen. Ein in B ansässiger Kfz-Händler hatte erklärt, er hätte dem Arbeitnehmer das fragliche Kfz mit einem Rabatt von 10 % auf den Listenpreis verkauft. Das FG gab der Klage im Wesentlichen statt, indem es als Ausgangsbetrag der nach § 8 Abs. 3 EStG vorzunehmenden Rabattbesteuerung von dem um 9,54 % gekürzten Listenpreis ausging. Auf die Revision verwies der BFH die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Der BFH wies vorab darauf hin, dass das FG seine fehlerhafte Rechtsansicht zum Angebotspreis auf den von ihm festgestellten Sachverhalt nicht konsequent angewendet hat. Das FG sah nämlich als Angebotspreis das nach ausgehandelten Preisnachlässen letzte Angebot i.S. von § 151 BGB an, welches schließlich zum Abschluss führt. Da das FG aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt war, dass dieses Angebot 10 % unter dem Listenpreis liegt, hätte es hiervon statt von einem Abschlag von 9,54 % ausgehen und der Klage insgesamt stattgeben müssen. Weiterer Zurückverweisungsgrund ist, dass das FG zu Unrecht die Preisverhältnisse am Beschäftigungsort des Arbeitnehmers in A zugrunde gelegt hat. Abgabeort i.S. von § 8 Abs. 3 EStG ist nämlich nicht der Ort, an dem dem Arbeitnehmer die verbilligt überlassene Ware jeweils verschafft wird, sondern – für alle Arbeitnehmer gleich – der Ort, an dem der Arbeitgeber selbst oder sein nächstansässiger Abnehmer das betreffende Produkt auf den Markt bringt. Das wird regelmäßig der Sitz des Arbeitgebers – hier in B – sein, wenn dort zentral die Entscheidung über die Höhe der Personalrabatte getroffen wird. Nur ein einheitlicher Abgabeort ermöglicht die vom Gesetz beabsichtigte einfache Vorteilsermittlung, da andernfalls für jeden Verschaffungsort die dortigen Marktverhältnisse festgestellt werden müssten. Hinsichtlich des Angebotspreises verweist der BFH auf seine bisherige Rechtsprechung[1].

Allerdings räumt der BFH dem Arbeitnehmer, anders als bisher, im Veranlagungsverfahren ein Wahlrecht ein, den geldwerten Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG ohne Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag, oder mit diesen nach § 8 Abs. 3 EStG bewerten zu lassen. Auch deshalb erfolgte eine Zurückverweisung. Ausgangsbetrag bei der Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG ist der um marktübliche Preisnachlässe bereits geminderte Endpreis, also grundsätzlich der günstigste Preis am Markt, und bei der Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG der Preis, zu dem die betreffende Ware fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten wird, also grundsätzlich der vor der Gewährung von Preisnachlässen angesetzte Preis.

 

Praxishinweis

Räumt das Gesetz ein Wahlrecht ein, wird dies regelmäßig durch die Vokabel "kann" deutlich gemacht[2]. Ob auch der Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG"so gelten als deren Werte abweichend von Abs. 2 …" ein Wahlrecht entnommen werden kann, erscheint immerhin zweifelhaft. Geht man von einem Wahlrecht aus, besteht eigentlich kein Grund mehr, die fiktive ("gelten als") Bemessungsgrundlage des § 8 Abs. 3 EStG zur Vermeidung einer Scheinlohnbesteuerung zu relativieren. Denn durch das Wahlrecht kann der Steuerpflichtige eine Scheinlohnbesteuerung in jedem Fall vermeiden. Der auszuzeichnende Preis als Angebotspreis des § 8 Abs. 3 EStG ist einfach festzustellen und entspricht deshalb der vom Gesetz beabsichtigten einfachen Handhabung. Dass statt dessen der Angebotspreis um die Hälfte der durchschnittlichen Händlerrabatte zu kürzen sein soll[3], ist dem Wortlaut des Gesetzes nur schwer zu entnehmen. Allerdings wurde die Verwaltung hierzu durch den BFH[4] veranlasst, der eine Ausnahme vom auszuzeichnenden Preis für geboten hielt, "sofern … offenkundig ist, dass nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr tatsächlich ein niederer Preis, etwa ein Haus- oder Normalpreis, gefordert und bezahlt wird". Dass es einen solchen Hauspreis bei Neuwagen gibt, hat im Streitfall so...

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