Leitsatz

Auf das von einem Handelsvertreter entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgut "Vertreterrecht" findet die zwingende typisierende Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts keine Anwendung. Die auf das Vertreterrecht vorzunehmende AfA bemisst sich nach der im Schätzungsweg für den konkreten Einzelfall zu bestimmenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige (S) erwarb 1993 von drei Unternehmen gegen Ausgleichszahlungen einen Vertreterbezirk zur Bearbeitung als selbstständiger Handelsvertreter. Diese "Vertreterrechte" hatte er als entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter in seiner Bilanz aktiviert und unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von fünf Jahren abgeschrieben.

Das Finanzamt und – ihm folgend – das Finanzgericht legten hingegen in Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG eine Nutzungsdauer von 15 Jahren zu Grunde. Auf die Revision des S hob der BFH die Finanzgerichts-Entscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

 

Entscheidung

Die von S an die drei vertretenen Unternehmen geleisteten Abstandszahlungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG, weil es sich hierbei nicht um Anschaffungskosten für einen Geschäfts- oder Firmenwert oder für ein geschäftswertähnliches Gut handelt, sondern um Anschaffungskosten auf ein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut "Vertreterrecht", das nicht – wie der Geschäftswert – typisierend auf 15 Jahre, sondern nach den allgemeinen Regeln auf die jeweils im konkreten Einzelfall maßgebende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben ist.

 

Hinweis

Mit dem Besprechungsurteil hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach auf das "Vertreterrecht" die gesetzlichen Regelungen über den Ansatz und die AfA des Geschäftswerts nicht anwendbar sind (vgl. z. B. BFH, Urteil v. 18.1.1989, X R 10/86, BStBl 1989 II S. 549). Anders als der (entgeltlich erworbene) Geschäftswert, der bis zur Einfügung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG durch Art. 10 Abs. 15 des BiRiLiG v. 19.12.1985 (BStBl 1985 I S. 704) in das EStG als nicht abnutzbares und damit nicht der AfA unterliegendes Wirtschaftsgut behandelt wurde, und nach Inkrafttreten des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG i. d. F. des BiRiLiG zwingend einer auf 15 Jahre zu verteilenden AfA unterliegt, kann und muss ein entgeltlich erworbenes "Vertreterrecht" nach seiner individuell zu ermittelnden betriebsgewöhnlichen, meist wesentlich kürzer als 15 Jahre währenden Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Dies galt im Übrigen auch schon vor Einfügung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG, also zu der Zeit, als die Anschaffungskosten für den Geschäftswert noch nicht im Wege der AfA berücksichtigt werden durften (vgl. das die Streitjahre 1971 bis 1973 betreffende BFH-Urteil v. 18.1.1989, X R 10/86, BStBl 1989 II S. 549).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 12.7.2007, X R 5/05.

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