Leitsatz (amtlich)

Die Frage, ob ein "Geldgeschäft" (Darlehensgewährung, Beteiligungserwerb etc.) eines Freiberuflers ein eigenes wirtschaftliches Gewicht hat und damit nicht dem (notwendigen) Betriebsvermögen zuzuordnen wäre, ist aufgrund einer Abwägung der nach außen erkennbaren Motive zu beantworten. Ein eigenes wirtschaftliches Gewicht ist anzunehmen, wenn bei einem "Geldgeschäft" die Gewinnung eines Auftraggebers lediglich ein erwünschter Nebeneffekt ist. Dagegen ist ein eigenes wirtschaftliches Gewicht zu verneinen, wenn das Geschäft ohne die Aussicht auf neue Aufträge nicht zustande gekommen wäre.

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb als Diplom-Ingenieur ein Büro für Statiken und Planungen. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 3 EStG. 1989 beteiligte er sich mit 168 750 DM an der Kongress- und Messehotel X-AG und wies die Beteiligung als Betriebsvermögen aus. Die AG kaufte 1990 eine Hotelanlage, um sie umzubauen. Der Kläger erhielt den Auftrag, die erforderlichen Statiken und Pläne zu erstellen. Das Auftragsvolumen betrug 150 000 DM. 1990 übernahm der Kläger unentgeltlich die persönliche Haftung für einen Teil einer von der AG übernommenen Grundschuld sowie eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der AG. 1991 fiel die AG in Konkurs. Der Kläger wurde aus der persönlichen Haftung und der Bürgschaft in Anspruch genommen. In seiner ESt-Erklärung 1991 machte er bei den Einkünften aus seiner Ingenieurtätigkeit den Verlust der Beteiligung von 168 750 DM und Aufwendungen im Zusammenhang damit von 108 288 DM geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug. Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob die vom Kläger geltend gemachten Vermögenseinbußen als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit abziehbar sind. Insbesondere kann der Senat nicht entscheiden, ob es sich bei der Beteiligung an der AG um Betriebsvermögen des Klägers handelte.

Der BFH hat "Geldgeschäfte" eines Freiberuflers wie die Gewährung von Darlehen, die Übernahme einer Bürgschaft oder die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft generell als berufsfremde Vorgänge bezeichnet, die in der Gewinnermittlung außer Betracht bleiben müssen[1]. Bei der Ausübung eines freien Berufs stehen grundsätzlich die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen sowie der Einsatz seines geistigen Vermögens und der durch eine qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Vordergrund. Wenn es auch freie Berufe gibt, die etwa wegen der benötigten technischen Geräte einen nicht unerheblichen Kapitaleinsatz erfordern, so ist doch die Nutzung vorhandenen Kapitals eher die Ausnahme und jedenfalls nicht das Merkmal einer freiberuflichen Tätigkeit[2]. Das den freien Berufen zugrunde liegende eigene Berufsbild begrenzt und prägt auch den dazugehörigen Betrieb. Selbst ein bilanzierender Angehöriger der freien Berufe kann nicht in demselben Umfang gewillkürtes Betriebsvermögen bilden wie ein Gewerbetreibender; vielmehr wird der Umfang des Betriebsvermögens durch die Erfordernisse des Berufs begrenzt. Daraus folgt, dass "Geldgeschäfte", die ihrer Art nach zu Einkünften nach § 20 EStG führen, der persönlichkeitsbezogenen freiberuflichen Tätigkeit grundsätzlich wesensfremd und deshalb getrennt zu beurteilen sind, auch wenn sie der Steuerpflichtige im sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner eigentlichen Tätigkeit, so auch mit dem Ziel der Gewinnung eines Mandanten oder Auftraggebers, eingegangen ist.

Im Einzelfall kann sich allerdings ergeben, dass die Eingehung von "Geldgeschäften" als Hilfstätigkeit zur freiberuflichen Tätigkeit anzusehen ist; dies kann selbst im Falle der Beteiligung an Kapitalgesellschaften zutreffen. Die Beteiligung gilt dann nicht als "wesensfremd". Es ist zu unterscheiden zwischen einem "Geldgeschäft", bei dem die Gewinnung eines neuen Auftraggebers lediglich ein erwünschter Nebeneffekt ist, und einem Geschäft, das ohne die Aussicht auf neue Aufträge nicht zustande gekommen wäre. Diese Unterscheidung ist gemeint, wenn die Rechtsprechung in letzter Zeit darauf abstellt, ob das "Geldgeschäft" ein eigenes wirtschaftliches Gewicht hat und deswegen aus der freiberuflichen Tätigkeit auszuscheiden ist[3]. Bezogen auf den Streitfall bedeutet das, dass nach den bisherigen Feststellungen des FG die Zugehörigkeit der Aktien zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers nicht von vornherein verneint werden kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 31.5.2001 – IV R 49/00

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