Leitsätze (amtlich)

  1. Eine dingliche Sicherung an einem in den Niederlanden gelegenen Grundstück i.S. des Art. 4 Abs. 3 DBA-Niederlande a.F. ist zu bejahen, wenn ein Steuerpflichtiger einer niederländischen Bank ein Darlehen gewährt und diese dem Darlehensgläubiger zur Sicherheit rechts wirksam Forderungen abtritt, die an niederländischen Grundstücken hypothekarisch gesichert sind. Dem steht nicht entgegen, dass wegen der Höhe der Darlehensforderung eine Vielzahl dinglich gesicherter Forderungen abgetreten wurde.
  2. Die Tatsache, daß damit die vom inländischen Darlehensgläubiger erzielten Zinsen in der Zeit vom 1.1.1987 bis zur Aufhebung des Art. 4 Abs. 3 DBA-Niederlande a.F. sowohl in den Niederlanden als auch im Inland steuerfrei waren, macht die dingliche Absicherung der Darlehensforderung durch Zession hypothekarisch
  1. gesicherter Forderungen nicht zum Gestaltungsmissbrauch.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, gewährte einer niederländischen Bank vom 19.12.1990 bis zum 19.2.1991 ein Darlehen von 115 Mio. Gulden zu einem Zinssatz von 8,37%. Als Voraussetzung für die Auszahlung der Darlehensvaluta wurde am 18.12.1990 eine Abtretungsvereinbarung geschlossen. Danach übertrug die Bank der Klägerin in stiller Zession 978 mit Buchhypotheken an niederländischen Grundstücken gesicherte Forderungen im Gesamtwert von 115.100.000 Gulden. Die Klägerin wurde Inhaberin der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen samt der dafür an den niederländischen Grundstücken bestellten Hypotheken. Das Finanzamt hielt die an die Klägerin gezahlten Zinsen für im Inland steuerpflichtig. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

  1. Gemäß Art. 20 Abs. 2 DBA-NL in der im Streitjahr 1990 noch geltenden Fassung nimmt Deutschland bei im Inland Ansässigen Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage aus, für die die Niederlande nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht haben. Nach Art. 4 Abs. 3 DBA-NL, der erst durch das Zweite Zusatzprotokoll vom 20.12.1991 mit Wirkung zum 20.2.1992 aufgehoben wurde, i.V.m. Art. 14 Abs. 3 DBA-NL hat der Belegenheitsstaat das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus Forderungen, die unmittelbar oder mittelbar durch Hypotheken oder andere Grundpfandrechte an einem im Belegenheitsstaat liegenden Grundstück gesichert sind. Die Forderung der Klägerin gegen die niederländische Bank war zumindest mittelbar durch Hypotheken an den in den Niederlanden belegenen Grundstücken gesichert.
  2. Das DBA-Niederlande legt nicht fest, was unter mittelbarer Sicherung i.S. des Art. 4 Abs. 3 DBA-NL zu verstehen ist, so dass gemäß Art. 2 Abs. 2 DBA-NL auf deutsches Recht und damit auf die Auslegung des vergleichbare Sachverhalte regelnden § 49 Abs. 1 Nr. 5c aa EStG zurückzugreifen ist. Die Rechtsprechung hat den Begriff "mittelbare" Sicherung i.S. der bezeichneten Norm stets in einem weiten Sinne ausgelegt[2]. Eine mittelbare Sicherung liegt danach vor, wenn der Gläubiger, dessen Forderung nicht bereits unmittelbar durch ein Grundpfandrecht o. ä. gesichert ist, eine Rechtsposition innehat, die ihn in die Lage versetzt, ohne Mitwirkung des Forderungsschuldners eine Haftung des Grundstücks herbeizuführen[3]. Das war hier der Fall. Die Klägerin wurde durch Zession zivilrechtlich Inhaberin der Forderungen und zugleich Inhaberin der an den niederländischen Grundstücken bestellten Hypotheken. Damit hat sie eine Rechtsposition erworben, die ihr rechtlich eine Befriedigung aus den Grundstücken ermöglichte.
  3. Es liegt auch kein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO vor. Die im Streitfall gewählte Gestaltung der Darlehensgewährung und der Absicherung der Darlehensforderung ist, gemessen an dem erstrebten Ziel, Gelder auszuleihen und für die Rückzahlung der Darlehensvaluta Sicherheiten zu haben, angemessen. Auch die zu vermutende Bonität der Darlehensschuldnerin (Bank) lässt die dingliche Absicherung einer Forderung nicht als unangemessene Rechtgestaltung erscheinen. Die am Darlehensverhältnis Beteiligten haben im Streitfall mit einer durchaus üblichen rechtlichen Gestaltung eine Rechtssituation ausgenützt, die sich aufgrund einer Änderung des innerstaatlichen Rechts in den Niederlanden zum 1.1.1987 ergeben hatte. Ab diesem Zeitpunkt hatten die Niederlande Einkünfte aus an niederländischen Grundstücken dinglich gesicherten Forderungen nicht mehr besteuert. Der Verzicht auf die Besteuerung in den Niederlanden zum 1.1.1987 eröffnete zwar ein Steuersparmodell, machte aber die bis dahin durch Art. 4 Abs. 3 DBA-NL eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten nicht zum Gestaltungsmissbrauch. Im übrigen wurde Art. 4 Abs. 3 DBA-NL als Reaktion auf die Änderung des Steuerrechts in den Niederlanden mittlerweile aufgehoben[4].
 

Link zur Entscheidung

BFH vom 17.11.1999 - I R 11/99

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