Leitsatz

  1. Die Neuregelung der Besteuerung der Altersrenten durch das Alterseinkünftegesetz ist verfassungsmäßig, sofern das Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird. Die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG verletzt weder das Recht des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung noch sein Vertrauen auf Beibehaltung der Ertragsanteilsbesteuerung seiner Renteneinkünfte (Bestätigung des Senatsurteils v. 26.11.2008, X R 15/07, BFH/NV 2009 S. 278).
  2. Bei der Anwendung der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG kommt es darauf an, für welche Jahre der Steuerpflichtige die Beiträge geleistet hat (gegen BMF, Schreiben v. 30.01.2008, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 137).
 

Sachverhalt

K bezog seit 1996 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er hatte 1972 für 1956 - 1972 Rentenversicherungsbeiträge nachgezahlt, die in mehr als zehn Jahren über den Höchstbeiträgen lagen. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Die Revision war teilweise erfolgreich: Der BFH bestätigte zwar die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Altersrente, bejahte aber auch die Anwendbarkeit der Öffnungsklausel für einen Teil der Rente. Zur Ermittlung der Höhe dieses Anteils verwies er das Verfahren zurück.

 

Hinweis

Während bisher die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit im Vordergrund stand, lag hier das Schwergewicht auf der Prüfung des Vertrauensschutzes. Der X. Senat sieht in der Neuregelung eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung, bei der das Gemeinwohlinteresse an der Herstellung einer verfassungsmäßigen Besteuerung der Alterseinkünfte das Interesse des Einzelnen am Fortbestand der Ertragsanteilsbesteuerung seiner Altersrente – trotz erhöhter Schutzwürdigkeit – überwiegt.

Nach der Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG unterliegen auf Antrag auch Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der (günstigeren) Ertragsanteilsbesteuerung, soweit sie auf bis zum 31.12.2004 geleisteten Beiträgen beruhen, die den Höchstbeitrag überstiegen haben. Für die Berechnung der Zehnjahresfrist kommt es nicht allein darauf an, in welchem Jahr die Beiträge gezahlt wurden, sondern auch darauf, für welche Jahre die Beiträge geleistet wurden. Es ist nicht sachgerecht, nur auf das Jahr der Beitragszahlung abzustellen. Zu vermeiden ist eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung, die dadurch entstehen kann, dass eine Altersrente als Einnahme versteuert werden muss, obwohl die Rentenversicherungsbeiträge nicht bzw. nur eingeschränkt als Sonderausgaben abzuziehen waren.

Diese Auslegung kann bei Steuerpflichtigen zu Problemen führen, die erst durch das Hinzuaddieren der Nachzahlungsbeiträge in den Jahren der Beitragszahlung die Höchstbeiträge überschritten haben.Es wäre wünschenswert, wenn die Finanzverwaltung es diesen Steuerpflichtigen im Wege der Billigkeit gestatten würde, sich auf das BMF-Schreiben v. 10.01.2008 zu berufen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 19.01.2010, X R 53/08

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