Das steht im Urteil

Ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Einkünften gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG 1990 unterliegt im Veranlagungszeitraum 1996 dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 3 und 4 EStG 1996 mit seinen Bruttoeinnahmen. Hat der beschränkt Steuerpflichtige jedoch Ausgaben, welche unmittelbar mit der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, und werden diese Ausgaben dem Vergütungsschuldner mitgeteilt, so sind die Ausgaben regelmäßig bereits im Rahmen des Abzugsverfahrens zu berücksichtigen. Soweit § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1990 dies ausschließt, verstößt die Vorschrift gegen Gemeinschaftsrecht.

Wenn und soweit unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängende Aufwendungen im Abzugsverfahren nicht berücksichtigt worden sind, kann der beschränkt Steuerpflichtige deren Erstattung in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1990 (i.d.F. des JStG 1997), ggf. auch des § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 1990, beantragen. Die wahlweise Beantragung eines Veranlagungsverfahrens scheidet aus. Ein solches Wahlrecht ist weder aus Gründen des Verfassungs- noch des Gemeinschaftsrechts geboten.

Der Mindeststeuersatz gem. § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 1990 von 25 % des Einkommens eines gebietsfremden beschränkt Steuerpflichtigen aus selbstständiger Arbeit verstößt weder gegen Gemeinschafts- noch gegen Verfassungsrecht, sofern er nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den betroffenen Steuerzahler tatsächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrags in Höhe des Grundfreibetrags ergeben würde.

 

Der Hintergrund

Ein in den Niederlanden wohnhafter Musiker (G) erzielte im Streitjahr 1996 in den Niederlanden sowie in Belgien Einkünfte in Höhe von umgerechnet 55.000 DM (netto). Daneben erhielt er für einen Solo-Auftritt als Schlagzeuger bei einem Radiosender im Inland ein Honorar von 6.007 DM. Die Senderechte hatte er einer deutschen GmbH übertragen. G wurde im Inland nach den Regeln des für beschränkt Steuerpflichtige geltenden Rechts (§ 50a EStG 1990) besteuert. Die Einkommensteuer – i.H.v. 25 % des Honorars – wurde von der GmbH im Wege des Steuerabzugs erhoben (§ 50a Abs. 4 EStG 1990). G wollte dagegen wie ein inländischer Künstler veranlagt werden und berief sich dazu auf die gemeinschaftsrechtlich verbürgten Grundfreiheiten. Dabei ging es ihm u.a. auch um die Berücksichtigung seiner Betriebsausgaben.

 

Die Entscheidung

Während des von G angestrengten Verfahrens hat der EuGH in zwei Urteilen entschieden, dass der im Gesetz geregelte Steuerabzug an der "Quelle" in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht. Allerdings müssten hierbei die Aufwendungen berücksichtigt werden, die dem Künstler in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Auftritt entstanden sind. Auf der Grundlage dieser EuGH-Entscheidungen hat der BFH nunmehr das Urteil zum Streitfall erlassen. Danach sind Betriebsausgaben eines beschränkt Steuerpflichtigen in der Regel bereits im Rahmen des Abzugsverfahrens zu berücksichtigen; dies setzt allerdings voraus, dass die Betriebsausgaben dem Vergütungsschuldner bekannt gegeben wurden. Soweit die Aufwendungen im Abzugsverfahren nicht berücksichtigt worden sind, kann der beschränkt Steuerpflichtige eine entsprechende Erstattung im Rahmen der Erstattungsregelung (§ 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1990, ggf. auch des § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 1990) beantragen. – Die von G im Laufe des Verfahrens geltend gemachten weitergehenden Ansprüche – auf eine Steuerveranlagung sowie auf einen Grundfreibetrag – lehnt der BFH ab. Der von G beanstandete Mindeststeuersatz (25 % des Einkommens des beschränkt Steuerpflichtigen; § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 1990) verstößt nach Ansicht des BFH weder gegen Gemeinschafts- noch gegen Verfassungsrecht, sofern er nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den betroffenen Steuerzahler tatsächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrags in Höhe des Grundfreibetrags ergeben würde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 10.1.2007, I R 87/03

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