Leitsatz

  1. Nutzt eine Arbeitnehmerin aufgrund eines von einem Dritten unentgeltlich eingeräumten Wohnungsrechts eine Wohnung, stellt der Nutzungsvorteil Arbeitslohn dar, wenn er sich als Ertrag der Arbeit erweist.
  2. Anders als bei der Einräumung eines Erbbaurechts fließen in einem solchen Fall die Einnahmen nicht bereits mit der Bestellung, sondern erst laufend mit der Nutzung zu.
  3. Die durch Rechtsverordnung nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV vorgesehenen Durchschnittswerte der Sachbezugsverordnung in der Fassung vor 1996 kamen nur für solche Sachbezüge in Betracht, für die sie nach Ermächtigungsgrundlage und Ziel der Regelung geschaffen waren. Hierzu zählte nicht der Vorteil, eine Wohnung mit außergewöhnlicher Ausstattung nutzen zu dürfen.
 

Sachverhalt

Eine leitende Angestellte war im Streitjahr 1990 bei der A-OHG beschäftigt, an der B und seine Kinder jeweils hälftig beteiligt waren. Ihnen gehörte auch eine GbR. Auf einem im Übrigen von der GbR an die OHG vermieteten Grundstück befand sich eine ca. 180 qm große Wohnung, die nebst Dachterrasse, Sauna und Kfz-Stellplatz von der Angestellten aufgrund eines 1983 von der GbR eingeräumten Wohnungsrechts gemäß § 1093 BGB genutzt wurde, das durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesichert war. Außer im Fall des Todes sollte das Wohnungsrecht erlöschen, wenn die Angestellte zu Lebzeiten des B für ein Konkurrenzunternehmen tätig würde oder sich an einem solchen beteiligte. Ferner war vereinbart, dass die Ausübung des Wohnungsrechts erst nach der Pensionierung der Angestellten unentgeltlich sei. Die OHG unterwarf den Nutzungswert der Wohnung nebst Heizung, Strom, Wasser, Wohnungsreinigung durch das Hausmeisterehepaar und unentgeltlicher Verpflegung durch den Arbeitgeber – so die Feststellungen des FG – mit dem Jahressachbezugswert von 6480 DM dem Lohnsteuerabzug. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung erfasste das Finanzamt den Wohnwert bei der Veranlagung mit – der Höhe, nicht dem Grunde nach einvernehmlichen – 64414 DM, auf die es den anteiligen Wohnsachbezugswert von 2981 DM anrechnete. Die dagegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Auf die Revision beider Beteiligter hob der BFH das angefochtene Urteil auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH sah den Wohnwert als Ertrag der Arbeit, damit als Lohn und nicht als freigebige Zuwendung des B an. Damit folgte er – wie schon das FG – nicht der erstmals im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragenen Ansicht, die Nutzung der Wohnung habe nichts mit dem Dienstverhältnis zu tun, sondern stelle eine Schenkung dar. Den Lohncharakter entnahm der BFH u.a. der zwischen den Beteiligten vereinbarten Konkurrenzklausel, mit der zum Ausdruck komme, dass die Angestellte, jedenfalls zu Lebzeiten des B, an das Unternehmen gebunden werden solle. Wären die Beteiligten von einer freigebigen Zuwendung ausgegangen, hätte kein Grund bestanden, die Frage der Entgeltlichkeit zu regeln. Mangels eines anderen Entgelts könne die Gegenleistung nur im Erbringen von Dienstleistungen gesehen werden.

Lohngegenstand ist nicht die einmalige Einräumung des dinglichen Wohnungsrechts, sondern der laufende Nutzungsvorteil. Ebenso wie beim obligatorischen Wohnrecht oder beim Nießbrauch, aber anders als beim Erbbaurecht, das durch Veräußerung realisiert werden kann, ist hier ein laufender, nicht ein einmaliger Zufluss anzunehmen.

Der Nutzungsvorteil wird nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort und nicht mit dem Sachbezugswert bewertet. Die Werte der Sachbezugsverordnung gelten nur im Rahmen der Ermächtigung durch § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV, also nur in Fällen, in denen Kost und Wohnung auf eine gewisse Dauer im üblichen Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als Teil des Arbeitslohns zur Verfügung gestellt werden. Damit ist die Überlassung einer aufwändig sanierten Luxuswohnung auch nicht annähernd vergleichbar.

 

Praxishinweis

Im Streitfall gab es keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine freigebige Zuwendung. Bezeichnenderweise hat die OHG den Nutzungsvorteil deswegen bereits als Lohn behandelt. Eine andere Frage ist, ob sie auch zum Lohnsteuerabzug verpflichtet gewesen wäre, weil es sich um die Lohnzahlung eines Dritten gehandelt hat, die wohl nicht "üblicherweise" so gewährt wurde[1]. Die Frage der Anwendbarkeit der Sachbezugswerte stellte sich nur, weil das FG, ohne dies näher zu hinterfragen, festgestellt hatte, die Angestellte sei von ihrem Arbeitgeber auch unentgeltlich verpflegt worden. Bei einer Wohnungsüberlassung durch einen Dritten hat der Arbeitgeber jedenfalls nicht Kost und Logis gewährt. Bei der jetzigen Fassung der Sachbezugsverordnung, die zwischen Unterkunft und Wohnung unterscheidet und bei letzterer grundsätzlich vom ortsüblichen Preis ausgeht, erfolgt die Bewertung wie im Streitfall.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 19.8.2004, VI R 33/97

[1] Vgl. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG a.F.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen