Leitsätze (amtlich)

  1. Der für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung geforderte Belegnachweis für die Beförderung des Gegenstands der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat kann im Falle der Beförderung des Gegenstandes durch den Abnehmer nicht durch eine mündliche, sondern nur durch eine schriftliche Versicherung des Abnehmers geführt werden.
  2. Mit einer erst nach Ausführung einer Lieferung erstellten falschen schriftlichen Bestätigung des Abnehmers über die Beförderung des Gegenstands der Lieferung kann der Lieferer den Belegnachweis nicht erbringen.
  3. Es entspricht nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, in einem solchen Fall die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch zu nehmen, ohne die schriftliche Versicherung des Abnehmers, den Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern, zu besitzen.
 

Sachverhalt

Der Kläger handelte in Deutschland im Streitjahr 1998 mit Kfz. Die Lieferungen von sieben Fahrzeugen für insgesamt rd. 900 000 DM in den Monaten Mai, Juni, Juli und September 1998 an einen niederländischen Autohändler behandelte er in den entsprechenden USt-Voranmeldungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Nachdem das Finanzamt von den niederländischen Finanzbehörden erfahren hatte, dass die Fahrzeuge vom niederländischen Abnehmer an einen Händler in Deutschland weiterverkauft worden seien, besteuerte es die Lieferungen im USt-Änderungsbescheid 1998. Der Kläger hatte die ihm per Fax am 25.11.1998 übersandten Bestätigungen des Abnehmers, die Fahrzeuge seien am 31.5.1998, am 20. und 29.6.1998, am 6.7.1998 und am 3. und 21.9.1998 in die Niederlande verbracht worden, dem Finanzamt erst am 15.12.1998 zugänglich gemacht. Er hatte bei der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung in den USt-Voranmeldungen nicht darauf hingewiesen, dass er noch keine derartigen schriftlichen Versicherungen besaß. Das Finanzamt wies die Berufung des Klägers auf Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG 1993 zurück, weil die Versicherungen des Abnehmers, die Fahrzeuge seien in die Niederlande verbracht worden, erst nachträglich beschafft worden seien und der Abnehmer bewusst falsche Erklärungen abgegeben habe. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG 1993 sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 fallenden Umsätzen die innergemeinschaftlichen Lieferungen[2] steuerfrei. Eine innergemeinschaftliche Lieferung setzt nach § 6a Abs. 1 UStG 1993 u.a. voraus, dass der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet[3]. Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG 1993 müssen die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das BMF kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat[4]. Dazu regelt § 17a Abs. 1 UStDV 1993: Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muss der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat[5]. Dies muss sich aus den Belegen eindeutig ergeben[6]. In den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer soll der Unternehmer den erwähnten Nachweis durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten führen, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet "zu befördern"[7]. Der für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung[8] geforderte Belegnachweis kann nicht durch eine mündliche, sondern nur durch eine schriftliche Versicherung geführt werden. Dies ergibt der Hinweis auf "Belege" in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV 1993. Die gesetzlich geforderte eindeutige und leichte Nachprüfung muss aus Urkunden in Form von Belegen möglich sein[9]. Die Belege müssen bei dem Beginn der Beförderung des Gegenstands der Lieferung durch den Abnehmer vorliegen; denn der Abnehmer soll versichern, den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet "zu befördern".

Diese Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung sind im Streitfall nicht erfüllt. Die gelieferten Fahrzeuge sind - entgegen § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1993 - nicht von Deutschland aus in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert worden. Mit einer nach Ausführung einer Lieferung erstellten falschen schriftlichen Bestätigung des Abnehmers über die Beförderung der Gegenstände der Lieferung kann der Lieferer den Belegnachweis nach § 17a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 UStDV 1993 nicht führen.

Die steuerpflichtigen Lieferungen des Klägers sind auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG 1993 als steuerfrei zu behandeln. Der Unternehmer kann den Nachweis, dass seine Behandlung der Lieferung als steuerfrei nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1993 auf unrichtigen Angaben des Abnehmers (über die körperliche Warenbewegung in einen...

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