Leitsatz

Der öffentlich-rechtliche (dingliche) Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten führt beim ausgleichsberechtigten Ehepartner zu einer eigenen – originären – Einkunftsquelle. Demgegenüber erzielt bei Vornahme eines lediglich schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (§ 1587g BGB) die Pensions- und Renteneinkünfte allein der ausgleichsverpflichtete Ehegatte. Jedoch ist die von diesem an seinen geschiedenen Ehepartner gezahlte Ausgleichsrente dem Grunde nach beim Ausgleichsverpflichteten als dauernde Last (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abziehbar. Soweit aber der Ausgleichsrente eine nur mit dem Ertragsanteil steuerbare Leibrente des Ausgleichsverpflichteten zugrunde liegt, mindert sich die Steuerbemessungsgrundlage des Verpflichteten nur in Höhe des Ertragsanteils und nur in dieser Höhe hat der Berechtigte die Ausgleichsrente nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG als wiederkehrende Bezüge zu versteuern.

 

Sachverhalt

Die 1991 geschiedenen Eheleute führten statt des öffentlich-rechtlichen einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durch. Danach hatte der Ehemann 50 % seiner Versorgungs- und Rentenbezüge an die geschiedene Ehefrau abzuführen. Das Finanzamt ließ diese Zahlungen beim Ehemann in voller Höhe als dauernde Last zum Sonderausgabenabzug zu. Dagegen klagte die Ehefrau und machte geltend, dass ihr Ehemann die an sie weiter geleiteten Bezüge nur mit dem Ertragsanteil (23 %) abziehen könne und sie selbst dementsprechend lediglich den Ertragsanteil als sonstige Einkünfte zu versteuern habe. Das FG wies die Klage ab. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Der Ehemann kann seine Zahlungen an die geschiedene Ehefrau zwar als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehen. Dies gilt aber nur insoweit, als die Versorgungsbezüge bei ihm gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG versteuert worden sind. Soweit die Bezüge bei ihm nur mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG erfasst wurden, kann er hinsichtlich des an die Ehefrau weitergeleiteten Teils der (Leib-)Rente ebenfalls nur den Ertragsanteil als dauernde Last abziehen. Korrespondierend erfolgt die Besteuerung bei der Ehefrau.

 

Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung hat der BFH die von Teilen der Literatur[1] und der FG[2] vertretene Ansicht abgelehnt, der schuldrechtliche Versorgungsausgleich habe den Charakter einer Vermögensumschichtung. Der Vorzug der vom BFH befürworteten Auffassung besteht darin, dass diese de facto zu einer weitgehenden einkommensteuerlichen Gleichbehandlung von öffentlich-rechtlichem und schuldrechtlichem Versorgungsausgleich und damit zu einer sachgerechten Verteilung der Einkommensbelastung zwischen den geschiedenen Ehegatten führt. Anders als beim öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich wird diese Verteilung beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zwar nicht schon auf der Einkünfteerzielungsebene vorgenommen. Vielmehr wird hier derselbe Effekt ("Einkünftetransfer") dadurch bewerkstelligt, dass der ausgleichsverpflichtete Ehegatte, soweit er seine Pensions- oder Rentenbezüge an den ausgleichsberechtigten Ehepartner weiter leitet, in Höhe des bei ihm als Einkünfte i.S. von § 19 Abs. 1 Nr. 2 oder § 22 Nr. 1 EStG erfassten Betrages eine Sonderausgabe i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehen kann. In derselben Höhe hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG zu versteuern.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 18.9.2003, X R 152/97

[1] Vgl. z.B. Stephan, Die Wertverrechnung bei privaten dauernden Lasten, DB 1986, S. 450, 453

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen