Leitsätze (amtlich)

  1. Herstellungskosten sind die Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen oder in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen. Die Herstellung endet mit der Fertigstellung des Erzeugnisses. Folgekosten sind nicht als Herstellungskosten zu erfassen.
  2. Welche Kosten einem Anschaffungsvorgang im Einzelfall zuzuordnen und daher zu den Anschaffungs(neben-)kosten zu rechnen sind, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dabei ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend, vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an.
 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Importeurin und Herstellerin von Erdölerzeugnissen. Als solche ist sie nach § 9 Abs. 1 des Erdölbevorratungsgesetzes (ErdölBevG) Mitglied im Erdölbevorratungsverband (EBV), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dessen Aufgabe besteht darin, zur Sicherung der Energieversorgung ständig Vorräte an Erdölerzeugnissen zu halten. Die zur Erfüllung der Aufgaben des EBV erforderlichen Mittel werden durch Beiträge der Mitglieder entsprechend den von ihnen eingeführten oder hergestellten Mengen an Erdölerzeugnissen erhoben. Beitragsvolumen und Höhe der jeweiligen Beitragssätze werden vor Beginn eines Haushaltsjahres unter Berücksichtigung des zu erwartenden Mittelbedarfs in DM je eingeführter bzw. hergestellter Tonne festgelegt. Der jeweilige Beitrag ist vom Mitglied monatlich zu ermitteln und bis zum Ende des übernächsten Monats an den EBV zu entrichten. Die Klägerin beurteilte die Beiträge an den EBV als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, das Finanzamt dagegen als Bestandteil der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der von der Klägerin importierten bzw. hergestellten Vorräte an Erdölerzeugnissen. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

  1. Soweit die Beiträge der Klägerin an den EBV Erzeugnisbestände betreffen, stellen sie keine Herstellungskosten dar. Herstellungskosten sind gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative HGB die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts entstehen. Dieser handelsrechtliche Begriff ist grundsätzlich auch der Bewertung von Erzeugnisbeständen in der Steuerbilanz zugrunde zu legen. § 255 Abs. 2 HGB fordert im Gegensatz zu § 255 Abs. 1 HGB - die Anschaffungskosten betreffend - nicht den Einbezug von Nebenkosten in die Herstellungskosten und nicht allgemein die Erfassung nachträglich anfallender Kosten. Nachträgliche Herstellungskosten setzen die Veränderung eines bereits bestehenden Wirtschaftsgutes im Rahmen eines weiteren Herstellungsvorgangs voraus. Davon ist nur im Fall einer Erweiterung oder einer über den ursprünglichen Zustand des Wirtschaftsgutes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung auszugehen[2].

Die Herstellungskosten umfassen somit die Aufwendungen, die durch den Herstellungsvorgang selbst verursacht worden sind[3]. Dazu gehören die Aufwendungen, die unmittelbar der Herstellung dienen[4], zudem die Kosten, die in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, d.h. zwangsläufig mit der Herstellung des Wirtschaftsgutes anfallen[5]. Die Herstellung endet mit der Fertigstellung des Erzeugnisses; sie ist erfolgt, wenn das Wirtschaftsgut seiner Bestimmung gemäß nutzbar ist. Danach anfallende Kosten sind nicht zu berücksichtigen[6]. Folgekosten der Herstellung scheiden als Herstellungskosten aus.

Die von der Klägerin geleisteten Beiträge an den EBV fallen nach Beendigung des Fertigungsvorganges an. Da sie gemäß § 18 Abs. 2 ErdölBevG"entsprechend den hergestellten Mengen" an Erdölerzeugnissen erhoben werden, knüpfen sie an eine abgeschlossene Herstellung an und setzen sie voraus. Auch als nachträgliche Herstellungskosten können die Beiträge nicht berücksichtigt werden, da sie jedenfalls nicht zu einer Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung der Erdölerzeugnisse i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 2. und 3. Alternative HGB führen.

  1. Auch soweit die Beiträge an den EBV die von der Klägerin eingeführten Bestände betreffen, sind sie nicht zu deren Anschaffungskosten zu rechnen. Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten[7]. Auch dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer abweichenden Definition im EStG der Bewertung in der Steuerbilanz zugrunde zu legen[8].

Zwar ist der Begriff der Anschaffungskosten wegen des Einbezugs der Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich umfassend. Er beinhaltet - unter Ausschluss der Gemeinkosten - alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten. Anschaffungskosten jedenf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen