Leitsatz (amtlich)

Arbeitnehmer i.S. des § 21 Abs. 3 BerlinFG sind auch solche Personen, die nur kurzfristig oder in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn beschäftigt werden. Zur Berechnung der Anzahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ist eine Umrechnung der von Teilzeitkräften geleisteten Arbeit auf Vollzeitkräfte vorzunehmen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die hauptsächlich Beteiligungen verwaltet. Im Streitjahr 1988 unterhielt sie in Berlin eine Betriebsstätte, zu der neben der Beteiligungsverwaltung auch eine Gebäudereinigung gehörte. Nach einer Betriebsprüfung versagte das Finanzamt die Steuerermäßigung nach § 21 Abs. 3 BerlinFG, da im Streitjahr nicht durchschnittlich mehr als 25 Arbeitnehmer beschäftigt worden seien. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Im streitigen Veranlagungszeitraum 1988 wurde Steuerpflichtigen für ihre Einkünfte aus Berlin (West) nach § 21 BerlinFG eine Ermäßigung der tariflichen ESt von 30 % gewährt. Dies galt nach § 21 Abs. 3 Satz 1 BerlinFG auch für Steuerpflichtige, die weder einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin hatten, soweit die ESt nach § 23 Nr. 2 BerlinFG auf Einkünfte aus einer oder mehreren in Berlin (West) unterhaltenen Betriebsstätten eines Gewerbebetriebs entfiel, in denen während des Veranlagungszeitraums im Durchschnitt regelmäßig insgesamt mindestens 25 Arbeitnehmer beschäftigt worden waren. War der Steuerpflichtige Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, genügte es nach § 21 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG, wenn die Mindestzahl von Arbeitnehmern insgesamt in den in Berlin (West) unterhaltenen Betriebsstätten der Mitunternehmerschaft beschäftigt worden war.

Die auf die Mitunternehmer der Klägerin entfallenden Einkünfte erfüllen die Voraussetzungen der Tarifermäßigung nach § 21 Abs. 3 BerlinFG. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin eine Betriebsstätte eines Gewerbebetriebsin Berlin (West) unterhielt. Von den Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 Satz 1 BerlinFG ist lediglich streitig, ob während des Veranlagungszeitraums 1988 im Durchschnitt regelmäßig insgesamt mindestens 25 Arbeitnehmer in der Betriebsstätte beschäftigt worden sind. Diese Frage ist zu bejahen. Die Zahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ist im Zweifel in der Weise zu ermitteln, dass die Summe der Arbeitstage aller im Laufe des Veranlagungszeitraums beschäftigt gewesenen Arbeitnehmer durch die Zahl der Arbeitstage des Kalenderjahres geteilt wird. Werden Teilzeitkräfte beschäftigt, müssen zunächst deren Arbeitsstunden in Arbeitstage von Vollzeitkräften umgerechnet werden[1].

Nach den getroffenen Feststellungen waren im Streitjahr 5,5 Vollzeitarbeitskräfte in der Betriebsstätte der Klägerin in Berlin (West) beschäftigt. Hinzu kommen nach der Berechnung des FG aus lohn-steuer- und sozialversicherungspflichtigen Teilzeitarbeitskräften umgerechnet 19,1 Vollzeitkräfte, insgesamt also 24,6 Arbeitnehmer. Nicht berücksichtigt hat das FG solche Arbeitnehmer, die als Aushilfskräfte dem pauschalen Lohnsteuerabzug unterlagen und keine Sozialversicherungsbeiträge abführen mussten. Deren Zahl beläuft sich umgerechnet unstreitig auf 3,36 Vollzeitkräfte. Diese Arbeitnehmer sind nach Auffassung des Senats jedoch in die Berechnung einzube-ziehen, so dass sich insgesamt deutlich mehr als 25 Arbeitnehmer i.S. des § 21 Abs. 3 Satz 1 BerlinFG ergeben. Der Begriff der Arbeitnehmer in § 21 Abs. 3 BerlinFG ist nach einkommensteuerrechtlichen Beurteilungsmerkmalen auszulegen und ergibt sich deshalb aus § 1 Abs. 1 LStDV[2]. Arbeitnehmer sind danach Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. In einem derartigen Dienstverhältnis stehen auch solche Personen, die kurzfristig oder in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn beschäftigt werden. Erfüllen sie damit die Voraussetzungen des § 40a EStG, kann die Lohnsteuer pauschal erhoben werden; erfüllen sie die einschlägigen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, sind sie entweder versicherungsfrei oder haben zumindest keine Arbeitnehmerbeiträge zu leisten.

Weder die pauschale Lohnversteuerung noch die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung stehen der Einbeziehung solcher Teilzeitkräfte in die Berechnung der Arbeitnehmerzahl nach § 21 Abs. 3 BerlinFG entgegen. Zweck der Vorschrift undihrer Vorgänger war es, einen Anreiz für Unternehmen des Bundesgebiets zu schaffen, Teile des Unternehmens oder Teile von Betrieben nach Berlin (West) zu verlagern[3].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.11.2001 – IV R 39/00

[2] Vgl. ebenda
[3] Vgl. BT-Drs. 2/1159, S. 24

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