Leitsatz

Ist für ein Bauvorhaben weder ein Bauantrag noch eine Bauanzeige erforderlich, gilt als Beginn der Herstellung i.S. des § 19 EigZulG der Zeitpunkt, in dem der Bauherr seine Entscheidung zu bauen für sich bindend und unwiderruflich nach außen erkennbar gemacht hat. Das ist unter anderem der Fall, wenn auf dem Bauplatz eine nicht unerhebliche Menge von Baumaterial und/oder auf das konkrete Bauvorhaben zugeschnittene Bauteile angeliefert worden sind. Die Anlieferung von 20 % des insgesamt erforderlichen Baumaterials für einen Betrag von über 23000 DM ist erheblich.

 

Sachverhalt

Eheleute hatten 1994 ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus erworben. Sie rissen das Haus bis auf die Außenmauern ab und bauten es ab November 1995 in Eigenleistung neu auf. Dafür war weder eine Baugenehmigung noch eine Bauanzeige erforderlich. Da die Eheleute schon von Mai bis Anfang Oktober 1995 Baumaterial anliefern ließen, war zu entscheiden, ob dies bereits den Beginn der Herstellung vor dem Stichtag 27.10.1997 darstellte. Denn nur bei Herstellungsbeginn vor diesem Stichtag kann bei Objekten, für die weder eine Baugenehmigung noch eine Bauanzeige erforderlich ist, auf Antrag das EigZulG angewandt werden[1]. Das Finanzamt setzte den Herstellungsbeginn vor dem Stichtag an, da bis dahin Material im Wert von 23000 DM bzw. 20 % des insgesamt erforderlichen Materials angeliefert worden war.

 

Entscheidung

Der BFH teilt die Auffassung des Finanzamts. Die Herstellung eines Objekts beginnt nicht erst mit den Bauarbeiten, sondern bereits mit der Anlieferung nicht unbedeutender Mengen von Baumaterialien auf dem Bauplatz. Denn dadurch wird nach außen erkennbar, dass sich der Bauherr bindend und unwiderruflich zum Bau entschlossen hat. Die Entscheidung konkretisiert, ab wann eine nicht unbedeutende Menge an Baumaterial in diesem Sinne anzunehmen ist. Die Grenze ist – unabhängig von der Höhe der Baukosten insgesamt – jedenfalls bei der Anlieferung von Material im Wert von 23000 DM überschritten. Ferner ist die Grenze – bei einem darunter liegenden Betrag – dann erreicht, wenn der Wert 20 % des für den Neubau insgesamt erforderlichen Materials beträgt. Ergänzend stellt der BFH im Streitfall darauf ab, dass ein Teil des Baumaterials auf das konkrete Bauvorhaben abgestimmt war.

 

Praxishinweis

Entscheidend für den Beginn der Herstellung ist, ob in den vom Bauherrn eingeleiteten Maßnahmen bereits ein endgültiger Entschluss zur Errichtung des Objekts gesehen werden kann. Dann ist er in seinem Vertrauen in die bestehende Rechtslage geschützt. Das kann neben der im Streitfall gezogenen Grenze von absolut rund 20000 DM bzw. relativ 20 % des Gesamtmaterials z.B. auch der Fall sein, wenn die gelieferten Teile auf das konkrete Bauvorhaben zugeschnitten und für ein anderes Objekt nicht verwendbar sind. Ferner ist nicht unbedingt die Anlieferung des Materials entscheidend. Ein entsprechender endgültiger Entschluss zu bauen kann auch bestehen, wenn der Bauherr die für die Errichtung benötigten Teile bindend in Auftrag gegeben sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 30.9.2003, III R 51/01

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