Leitsatz

  1. Zu den Anforderungen an die Herstellung eines bautechnischen Neubaus i.S. von § 7 Abs. 5 EStG.
  2. Die degressive Gebäudeabschreibung (§ 7 Abs. 5 EStG) wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für einen Teil der Sanierungsaufwendungen erhöhte Absetzungen zum Erhalt des schützenswerten äußeren Erscheinungsbilds der Gebäudegruppe nach § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG (sog. Ensembleschutz) in Anspruch genommen werden (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 14.1.2003, IX R 72/00, BStBl II 2003, S. 916 = INF 2003, S. 401).
 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GbR, an der u.a. die Eheleute X beteiligt waren. Diese hatten im Mai 1992 ein ca. 11500 qm großes Grundstück samt ehemaligem Wirtschaftsgebäude für 250000 DM erworben. Nach Einbringung des Grundbesitzes in die GbR wurden die Gebäude 1993 bis 1995 mit einem Aufwand von ca. 1,1 Mio. DM saniert und zu einem Wohnhaus mit Ferienwohnungen umgebaut. Mit der Gewinnfeststellungserklärung für das Streitjahr 1995 machte die GbR für ihre Gesamtaufwendungen (anteilige Gebäudeanschaffungskosten ca. 143000 DM, Sanierungsaufwand ca. 1,1 Mio. DM) degressive Absetzungen nach § 7 Abs. 5 EStG geltend. Das Finanzamt bewilligte nur lineare Absetzungen nach § 7 Abs. 4 EStG, da kein Neubau vorliege. Im Einspruchsverfahren legte die GbR eine Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde nach § 7i Abs. 2 EStG vor, nach der "die Gebäude Teil einer denkmalgeschützten Gebäudegruppe/Gesamtanlage" sind und von den gesamten Sanierungsaufwendungen ca. 594000 DM zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbilds der Gebäudegruppe erforderlich waren. Das Finanzamt ließ darauf erhöhte Absetzungen nach § 7i EStG zu, nicht jedoch degressive Absetzungen für den nicht bescheinigten Sanierungsaufwand. Die dagegen erhobene Klage hatte erstinstanzlich Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. In Fortführung der ständigen Rechtsprechung[1] macht er deutlich, dass die degressive Absetzung nach § 7 Abs. 5 EStG nur für Neubauten beansprucht werden kann. In Umbaufällen muss daher entweder die bisher vorhandene Gebäudesubstanz – mit Rücksicht auf die für die Nutzungsdauer bestimmenden Gebäudeteile – nicht nutzbar sein oder die neu eingefügten Gebäudeteile müssen dem Gesamtgebäude in bautechnischer Hinsicht das Gepräge geben. Auch dann kann aber nur von einem Neubau gesprochen werden, wenn die tragenden Gebäudeteile in zumindest überwiegendem Umfang ersetzt werden. Nicht relevant sind in diesem Zusammenhang die Änderung der Zweckbestimmung des Gebäudes, die Höhe des insgesamt anfallenden Sanierungsaufwands und die Verlängerung der Gebäudenutzungsdauer.

Die Entscheidung darüber, ob ein Neubau errichtet worden ist, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Der BFH ist daher grundsätzlich an die vom FG getroffenen Feststellungen gebunden[2]. Für den Streitfall verneint der BFH diese Bindungswirkung jedoch, da die Feststellungen des FG teils widersprüchlich, teils nicht nachvollziehbar sind und zudem nicht auszuschließen ist, dass das FG die materiellen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Absetzung nach § 7 Abs. 5 EStG nicht beachtet hat. Im zweiten Rechtsgang hat das FG daher die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und die Baumaßnahmen im Hinblick auf die Frage, ob die tragenden Gebäudeteile in überwiegendem Umfang ersetzt worden sind, zu würdigen.

Falls das FG im zweiten Rechtsgang seine Auffassung zum Vorliegen eines bautechnischen Neubaus bestätigen sollte, weist der BFH darauf hin, dass der (kumulative) Ansatz degressiver Absetzungen für den verbleibenden, d.h. nicht nach § 7i Abs. 2 EStG bescheinigten Herstellungsaufwand nach § 7 Abs. 5 EStG nicht ausgeschlossen ist. Zwar begünstigt § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG nicht den Neu- oder Wiederaufbau von Gebäuden. Im Streitfall hat die Denkmalbehörde aber nicht Baumaßnahmen an einzelgeschützten Baulichkeiten bescheinigt, sondern Aufwendungen an Gebäuden oder Gebäudeteilen[3], die dem Ensembleschutz unterstehen[4]. Diese Begünstigung erfasst nur die Herstellungskosten, die zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbilds des Ensembles erforderlich sind. Anhaltspunkte dafür, dass die erhöhten Abschreibungen auch die Wahrung der bautechnischen Identität der betroffenen Gebäude voraussetzen, sind weder dem Wortlaut des § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG noch seiner Entstehungsgeschichte zu entnehmen. Zudem reflektieren die Begünstigungen in § 7i Abs. 1 EStG die unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen Bindungen, denen Gebäude mit Rücksicht darauf unterliegen, ob das Gebäude als solches Baudenkmal ist oder nur als Teil eines Ensembles denkmalrechtlichen Beschränkungen unterfällt. Anders als der Ensembleschutz, der vornehmlich das Erscheinungsbild der gesamten Gebäudegruppe unabhängig von der Schutzwürdigkeit der einzelnen Bestandteile bewahren soll, zielt die Bewertung eines Gebäudes als Einzeldenkmal darauf, das Gebäude in seiner konkreten Gestaltung und damit in seiner Gesamtsubstanz zu erhalten. An diese Dif...

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