Leitsatz

Ein im Ausland realisierter Verlust aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, der abkommensrechtlich in Deutschland nur bei der Festsetzung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) zu berücksichtigen ist, unterfällt nicht der sog. Fünftel-Methode für außerordentliche Einkünfte.

 

Sachverhalt

Die Eheleute M und F hatten ihren Wohnsitz im Jahr 2006 zeitweise im Inland. Sie wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Zum 1.4.2006 veräußerten sie ihre bis zu diesem Zeitpunkt in A betriebene zahnärztliche Gemeinschaftspraxis. Zuvor (am 1.2.2006) eröffneten sie eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis in B (Schweiz). Diese Praxis gaben sie zum 30.9.2006 wieder auf, um anschließend wieder eine entsprechende Tätigkeit in A auszuüben. Streitig ist, ob sich der Verlust aus der Veräußerung der in der Schweiz betriebenen Arztpraxis nach § 32b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG nur zu einem Fünftel oder in vollem Umfang steuersatzmindernd auswirkt. Das Finanzamt berücksichtigte den Veräußerungsverlust im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts nur zu einem Fünftel.

Der BFH entscheidet, dass der ausländischen Veräußerungsverlust bei der Ermittlung des Steuersatzes in vollem Umfang zu berücksichtigen ist. Außerordentliche Einkünfte, die insoweit nach § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG nur zu einem Fünftel anzusetzen sind, liegen nicht vor. Der in der Schweiz erzielte und im Inland steuerfrei gestellte Veräußerungsverlust erfüllt den Einkünftebegriff des § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG und ist nicht zugleich als außerordentliche Einkunft anzusehen. Ein Veräußerungsgewinn nach § 16 und nach§ 18 Abs. 3 EStG unterfällt als außerordentliche Einkunft der Begünstigung des § 34 Abs. 1 EStG, da es durch die Vollrealisierung der stillen Reserven in typisierter Weise zu einer Zusammenballung von Ergebnissen mehrerer Jahre kommt. Insoweit ist es sachgerecht, infolge einer progressiven Besteuerung eintretende Härten in dieser Situation abzumildern.

Diese Fünftelregelung (Tarifermäßigung) bezieht sich nach dem Regelungsgegenstand aber nur auf einen Gewinn (positive Einkünfte). Ein Veräußerungsverlust, der progressionsbedingte Steuermehrbelastungen nicht auslösen kann, ist für den Regelungsbereich einer Tarifermäßigung nicht relevant. Diese aus § 34 EStG ableitbare Struktur hat der Gesetzgeber durch die Verwendung der entsprechenden Begrifflichkeit auf § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG übertragen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 1.2.2012, I R 34/11.

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