Leitsatz

Kommt ernstlich in Betracht, dass ein Unternehmen durch die rechtswidrige Besteuerung der konkurrierenden Leistungen eines gemeinnützigen Vereins mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz Wettbewerbsnachteile von erheblichem Gewicht erleidet, kann es unbeschadet des Steuergeheimnisses vom Finanzamt Auskunft über den für den Konkurrenten angewandten Steuersatz verlangen.

 

Sachverhalt

Bei gemeinnützigen Vereinen greift der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für Umsätzen von sog. Zweckbetrieben (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG). Der Zweckbetrieb darf aber zu anderen Betrieben ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten als es zur Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke des Vereins unvermeidbar ist.

Im Urteilsfall führte ein als gemeinnützig anerkannter Verein ebenso wie ein in der gleichen Region ansässiges Unternehmen Transporte von Blutkonserven und Ärzteteams durch. Der Verein hat nach Feststellung des Unternehmens in den hierüber ausgestellten Rechnungen einen ermäßigten Steuersatz ausgewiesen. Daher begehrte es wegen spürbarer Wettbewerbsnachteile von dem für den Verein zuständigen Finanzamt Auskunft über den beim Verein angewendeten Steuersatz. Das Finanzamt lehnte die verlangte Auskunft mit Hinweis auf das Steuergeheimnis ab.

Führt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei einem Verein bei konkurrierenden Unternehmen zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen, können diese vor dem FG gegen die unzutreffende Besteuerung des Vereins vorgehen. Deshalb muss im Vorfeld das Finanzamt dem konkurrierenden Unternehmen Auskunft über den beim Verein angewendeten Umsatzsteuersatz geben. Der Konkurrent einer gemeinnützigen Körperschaft kann eine solche Auskunft verlangen; er darf im Allgemeinen nicht darauf verwiesen werden, er solle Rechtsschutz wegen der Besteuerung des Vereins in Anspruch nehmen, obwohl ihm nicht bekannt sei, ob überhaupt seine Rechte berührende Steuerverwaltungsakte ergangen seien. Anhand dieser Information des Finanzamts kann der "Konkurrent" dann entscheiden, ob er wegen der Besteuerung des Vereins beim FG eine Konkurrentenklage erheben will.

 

Hinweis

Voraussetzung des Auskunftsanspruchs gegenüber dem Finanzamt ist nur, dass eine unzutreffende Besteuerung und eine davon ausgehende erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens ernstlich in Betracht kommen. Erst im Rahmen einer ggf. erhobenen Konkurrentenklage ist zu entscheiden, ob ein Rechtsschutzanspruch des Unternehmens tatsächlich gegeben ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 26.1.2012, VII R 4/11

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