Leitsatz

In der Kündigung einer typischen stillen Gesellschaft und der Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens liegt keine entgeltliche Veräußerung (i. S. des § 23 EStG).

 

Sachverhalt

Ein steuerpflichtiger ist zu 20 % an einer GmbH beteiligt. Zwischen der GmbH und einer Beteiligungsgesellschaft mbH i. L. (B) wurde im Juli 1994 eine typische stille Gesellschaft (§ 230 HGB) mit einer Vermögenseinlage der B in Höhe von 2 500 000 DM errichtet. Am 21.10.1994 veräußerte B die stille Beteiligung wegen akuten Liquiditätsbedarfs an den Steuerpflichtigen und den weiteren Gesellschafter der GmbH für 400 000 DM, wobei der Steuerpflichtige entsprechend seinem Gesellschaftsanteil 20 % der stillen Beteiligung (nominal 500 000 DM) für 80 000 DM erwarb. Noch am 21.10.1994 kündigten er und der weitere Gesellschafter das stille Gesellschaftsverhältnis vertragsgemäß zum 31.12.1994. Die GmbH schrieb dem Steuerpflichtigen dessen Auseinandersetzungsguthaben von 500 000 DM gut.

Das Finanzamt unterwarf den Unterschied zwischen Anschaffungspreis und zurückgezahltem Kapital (420 000 DM) der Besteuerung als Gewinn aus einem Veräußerungsgeschäft (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG). Das FG vertrat die Auffassung, der Vorgang sei nicht steuerbar, weil keine Veräußerung nach § 23 EStG vorliege. Darunter könne man nur die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person verstehen.

Der BFH sieht die Sache genauso wie das FG. Zwar hat der Steuerpflichtige die stille Beteiligung an der GmbH von B entgeltlich erworben und deshalb im Sinne der genannten Vorschrift angeschafft; er hat sie aber nicht veräußert. Veräußerung bedeutet das entgeltliche Übertragen des angeschafften Wirtschaftsguts. An einem entgeltlichen Vorgang fehlt es, wenn der typisch stille Gesellschafter seine Beteiligung kündigt und im Gegenzug sein Guthaben in Geld empfängt. Er erhält dadurch nicht mehr, als seiner Beteiligung entsprach. Die durch Kündigung bedingte Auflösung der stillen Gesellschaft führt zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter nach § 235 HGB, aufgrund derer das Guthaben des stillen Gesellschafters zu berichtigen ist. Dieses Guthaben wandelt sich mit der Auseinandersetzung in eine zahlenmäßig begrenzte Forderung. Wird sie erfüllt, erhält der stille Gesellschafter nur etwas, was ihm schon vor der Auseinandersetzung wirtschaftlich zuzuordnen war. Seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steigert sich mit der Auskehrung des Guthabens nicht. Die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts liegen nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 18.10.2006, IX R 7/04.

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