Leitsatz

  1. Die Aufwendungen für das in dem selbst genutzten Wohnhaus befindliche häusliche Arbeitszimmer unterliegen auch dann der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, wenn in demselben Wohnhaus eine Arztpraxis eingerichtet ist und die in dem häuslichen Arbeitszimmer durchgeführten Arbeiten ausschließlich im Zusammenhang mit der häuslichen Arztpraxis stehen; die Abzugsbeschränkung gilt unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen.
  2. Hat ein Steuerpflichtiger für seine selbständige Erwerbstätigkeit einen außerhäuslichen Schreibtischarbeitsplatz eingerichtet, so steht ihm dieser regelmäßig (auch) als anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 2. Halbsatz EStG für alle Aufgabenbereiche der selbständigen Erwerbstätigkeit zur Verfügung.
 

Sachverhalt

Ein Arztehepaar betreibt seine Gemeinschaftspraxis in gemieteten Räumen. Zwei weitere Praxisräume mit WC und Wartebereich befinden sich im Souterrain des im Alleineigentum des Arztes stehenden und gemeinsam bewohnten Einfamilienhauses. Diese Räume werden allein von der Ärztin für die Behandlungen ihrer Patienten genutzt. Im Erdgeschoss des Einfamilienhauses befindet sich weiterhin ein Arbeitszimmer mit büromäßiger Ausstattung, das zur Aufbewahrung der Patientenkarteien, zur Abrechnung, zur Vertiefung der Diagnosen sowie zur Fort- und Weiterbildung verwendet wird. Daneben hält die Ärztin in diesem Raum werktäglich für ca. eine Stunde ihre Telefonsprechstunde ab. Zusätzlich erstellt sie im Arbeitszimmer Gutachten und wertet darin Laborbefunde aus. Im Anlageverzeichnis der GbR, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist seit 1995 (Jahr der Fertigstellung der Praxis) ein Anteil am Grundstück und Gebäude (23 %; Praxis, Arbeitszimmer und Garage) als Sonderbetriebsvermögen des Arztes erfasst. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer machte der Arzt als Sonderbetriebsausgaben geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH ist der Aufwand für das Arbeitszimmer angesichts seiner büromäßigen Ausstattung und der räumlichen Einbindung in das Einfamilienhaus nur in den Grenzen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG als Betriebsausgabe zu berücksichtigen[1]. Nur wenn ein solcher Raum mit anderen Praxisräumen eine funktionale Einheit bildet, kann der insoweit entstandene Aufwand uneingeschränkt als Betriebsausgabe abgezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die verschiedenen Räume nahezu identisch genutzt werden. Daran fehlt es hier, weil die im Kellergeschoss gelegene Praxis zur Behandlung der Patienten dient, während in dem Büro nur Verwaltungsarbeiten durchgeführt werden, deren Zusammenhang mit der Praxis – wegen der unterschiedlichen Nutzung der Räumlichkeiten – nicht für die Annahme einer funktionalen Einheit genügt.

Da im Streitfall die Nutzung des Arbeitszimmers nicht mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit beträgt, kommt ein (auf 2400 DM begrenzter) Abzug der Aufwendungen nicht in Betracht, wenn für die berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, der zur Erledigung von Büroarbeiten geeignet ist und vom Steuerpflichtigen im erforderlichen Umfang und in der erforderlichen Art und Weise tatsächlich genutzt werden kann[2]. Bei Selbständigen ist dies bei Vorhandensein eines anderweitigen Schreibtischarbeitsplatzes – wie hier innerhalb der Gemeinschaftspraxis – regelmäßig anzunehmen. Steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Aufwendungen für das Arbeitszimmer für jedes Streitjahr auch dann nur in Höhe von bis zu 2400 DM abgezogen werden, wenn mehrere Personen das Arbeitszimmer nutzen und anteilig die Aufwendungen dafür tragen. Denn die Abzugsbeschränkung ist schon nach ihrem Wortlaut und nach dem mit ihr verfolgten Zweck, die Abziehbarkeit von Arbeitszimmeraufwendungen zu "deckeln", rein objektbezogen.

 

Praxishinweis

Nach der Rechtsprechung[3] kann auch ein als Archiv genutzter Raum als Teil des häuslichen Arbeitszimmers anzusehen und damit diesem Typus zuzuordnen sein, soweit dort Tätigkeiten durchgeführt werden, die wie das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen häufig auch in einem häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden und die – gegebenenfalls vorbereitend und unterstützend – der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 20.11.2003, IV R 30/03

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