Leitsatz

Erzielt ein Kind nicht ganzjährig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und ist das Kind auch nur für einen Teil des Jahres nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG 1997 zu berücksichtigen, dann ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag im Rahmen der Berechnung des Grenzbetrages gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 EStG 1997 zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen, in denen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt werden.

 

Sachverhalt

Ein im Juni 1976 geborenes Kind (K) beantragte 1998, Kindergeld für 7 Monate im Jahr 1997 im Wege der Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG an sich selbst auszubezahlen. K war von Januar bis Mai 1997 Bauhelfer. Im Juni und Juli bezog er Arbeitslosengeld (2246,40 DM). Im Juli bemühte er sich um einen Ausbildungsplatz, den er im August erhielt. Seine Ausbildungsvergütung bis zum Jahresende betrug 5 490 DM. Außerdem erhielt er für September bis Dezember Ausbildungshilfe (696 DM) nach § 40 AFG. Eine ab August 1997 zustehende Halbwaisenrente wurde erst 1998 ausbezahlt. Die Familienkasse versagte das Kindergeld, da die Einkünfte und Bezüge den anteiligen Jahresgrenzbetrag (7/12 von 12 000 DM) überstiegen. Das FG gab der Klage des K statt, da der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (2 000 DM), um den die Ausbildungsvergütung anteilig zu kürzen ist, mit 7/12 (1 162 DM) abzuziehen sei, weil auch 7 Monate Kindergeld berechtigt seien, nämlich der Juni nach § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG, der Juli nach Nr. 2c und ab August nach Nr. 2a. Dagegen folgte der BFH in diesem Punkt der Familienkasse, verwies die Sache aber wegen offener Fragen zur Ausbildungsbeihilfe an das FG zurück.

 

Entscheidung

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist ein Jahresbetrag und muss deswegen aufgeteilt werden, wenn – wie hier – Arbeitslohn sowohl in Kindergeld begünstigten Zeiten (hier: ab Juni), als auch in nicht begünstigten Zeiten (hier: als Bauhelfer) erzielt wird. Die Aufteilung erfolgt nach Monaten und nicht im Verhältnis der jeweils erzielten Einnahmen, weil mit höheren Einnahmen nicht unbedingt höhere Aufwendungen verbunden sind und weil diese Aufteilung der mit dem Pauschbetrag bezweckten Verwaltungsvereinfachung dient. Dabei ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag auf die Zahl der Monate aufzuteilen, in denen Arbeitslohn bezogen wird (hier: 10), weil bei der gebotenen typisierenden Betrachtung auch nur in solchen Monaten wahrscheinlicher Weise Werbungskosten anfallen.

Das FG bezieht sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf § 32 Abs. 4 Satz 6 (jetzt: 7) EStG. Diese Vorschrift ist Ausdruck des bei der Berücksichtigung von Kindern geltenden Monatsprinzips, besagt aber nichts darüber, wie Werbungskosten zu verteilen sind. Das Aufteilen nur auf Monate mit Arbeitslohn dient der Verwaltungsvereinfachung und führt gleichzeitig dazu, dass der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ebenso aufgeteilt wird wie die Kostenpauschale von 360 DM. Das ergibt folgende Berechnung: Bei Einnahmen (5 490 DM) und Bezügen (2 246 DM + 696 DM) errechnet sich eine Summe von 8 432 DM, von der der anteilige Arbeitnehmer-Pauschbetrag (5/10 von 2 000 DM = 1 000 DM) und die volle Kostenpauschale (360 DM) abzuziehen sind, weil Bezüge nur innerhalb des Begünstigungszeitraums angefallen sind. Damit lägen die maßgeblichen Einkünfte und Bezüge mit 7 072 DM zwar über dem anteiligen Jahresgrenzbetrag von 7 000 DM.

Der Grenzbetrag kann aber dann eingehalten sein, wenn nicht die ganze Ausbildungshilfe anzurechnen ist, was das FG noch feststellen muss. Berufsausbildungsbeihilfe wird nach § 40 Abs. 1a AFG für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung oder Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme gewährt. Hinzu kommen nach § 40 Abs. 1b Satz 2 AFG (jetzt: §§ 66 ff. SGB III) Zuschüsse für Fahrtkosten, Lernmittel und Lehrgangsgebühren. Solche ausbildungsbedingten Sonderzuwendungen sind bei den Kindergeld schädlichen Bezügen nicht anzusetzen. Entsprechendes gilt, wenn der Träger der Ausbildungshilfe Unterhaltsansprüche des K gegen seinen Vater nach § 40 Abs. 3 i.V.m. § 140 AFG (jetzt: § 72 Abs. 2 SGB III) auf sich übergeleitet hat, weil dann die Ausbildungshilfe wirtschaftlich insoweit nicht von dritter Seite, sondern durch Unterhaltsleistungen des Vaters getragen wird. Letztere sind keine Bezüge.

 

Praxishinweis

Das Ausklammern des berufsbedingten Sonderaufwands aus den Bezügen hat zur Folge, dass dieser Aufwand wirtschaftlich betrachtet zweimal berücksichtigt wird, nämlich durch Nichterfassen bei den Bezügen und über den Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Das ist aber hinzunehmen, weil es bei dem Pauschbetrag nicht darauf ankommt, welche individuellen Aufwendungen das Kind getragen hat. Das wäre anders, wenn statt des Pauschbetrages höhere nachgewiesene Werbungskosten angesetzt würden. Denn diese wären um den betreffenden Aufwendungsersatz zu kürzen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.07.2003, VIII R 96/02

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