Rz. 665

Das GmbH-Recht lässt durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag zu, dass Gesellschaftern das Recht eingeräumt wird, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden (Entsendungsrecht). Weil § 52 Abs. 1 GmbHG nur auf die Regelung des § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG verweist, gilt unter anderem die Einschränkung des § 101 Abs. 2 Satz 4 AktG nicht. Das heißt, dass die Entsendungsrechte insgesamt auch für mehr als ein Drittel der sich aus dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter eingeräumt werden können.

 

Rz. 666

In der Fachliteratur ist umstritten, ob trotz des fehlenden Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG die Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern durch Personen, die keine Gesellschafter der GmbH sind, zulässig ist.[1] § 101 Abs. 2 Satz 1 AktG schreibt für die AG vor, dass ein Recht, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, nur durch die Satzung und nur für bestimmte Aktionäre oder für die jeweiligen Inhaber bestimmter Aktien begründet werden kann.

 

Rz. 667

Entsandte Aufsichtsratsmitglieder können ohne Beschluss der Gesellschafterversammlung jederzeit vom Entsendungsberechtigten abberufen werden.[2]

 

Rz. 668

Entsendungsrechte spielen in der Praxis der Wohnungs- und Immobilienunternehmen unter anderem bei kommunalen Wohnungsunternehmen eine Rolle.[3] So kann zum Beispiel im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, dass sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrats von der Gemeinde als Gesellschafterin in den Aufsichtsrat entsendet werden mit der Folge, dass keine Wahl weiterer Aufsichtsratsmitglieder erforderlich ist.

 

Muster: Regelung eines Entsendungsrechts im Gesellschaftsvertrag

 

§ ___

Aufsichtsrat

(1) Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens sieben Mitgliedern.

(2) Die Aufsichtsratsmitglieder werden von der Stadt ______________ für die Dauer einer Kommunalwahlperiode entsendet. Die Aufsichtsratsmitglieder können jederzeit durch die Stadt ______________ abberufen und durch neue Aufsichtsratsmitglieder ersetzt werden. Nach Ablauf einer Kommunalwahlperiode bleiben die Aufsichtsratsmitglieder im Amt, bis ein neuer Aufsichtsrat gebildet wurde.

[1] Siehe dazu Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 6; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 52 Rn. 43; jeweils m. w. N.
[2] Unter anderem Baum/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 52 Rn. 49 m. w. Einzelh., unter anderem zu der Frage, ob die Gesellschafterversammlung im Fall des Vorliegens eines wichtigen Grundes ein entsandtes Aufsichtsratsmitglied selbst mit einer Dreiviertelmehrheit abberufen kann.
[3] Im Rahmen der Genossenschaftsrechtsreform 2017 wurde durch die Regelung des § 36 Abs. 5 GenG auch Wohnungsgenossenschaften ermöglicht, durch eine Satzungsregelung bestimmten Mitgliedern das Recht einzuräumen, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Entsprechend der Regelung im Aktiengesetz darf die Zahl der in den Aufsichtsrat entsandten Personen – allerdings zusammen mit der Zahl der investierenden Mitglieder – im Aufsichtsrat ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschreiten (§ 36 Abs. 5 Satz 2 GenG).

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