Rz. 1025

Die nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO antragspflichtigen Mitglieder des Vertretungsorgans und Abwickler einer juristischen Person dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. Dies gilt nicht für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind (§ 15b Abs. 1 InsO).

Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.

 
Praxis-Beispiel

Der Vorstand weist weiterhin die Zahlungen für die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter des Regiebetriebs der eG und der Betriebskosten an. Der Regiebetrieb erbringt nicht nur Leistungen für die eG, sondern ist auch ständig für andere Immobilieneigentümer tätig und könnte im Rahmen der Verwertung des Vermögens der eG veräußert werden.

Im Rahmen des für eine rechtzeitige Antragstellung maßgeblichen Zeitraums nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO gilt dies nur, solange die Antragspflichtigen Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben. Zahlungen, die im Zeitraum zwischen der Stellung des Antrags und der Eröffnung des Verfahrens geleistet werden, gelten auch dann als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar, wenn diese mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommen wurden (§ 15b Abs. 2 InsO).

Ist der nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt verstrichen und hat der Antragspflichtige keinen Antrag gestellt, sind Zahlungen in der Regel nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar (§ 15b Abs. 3 InsO).[1]

 

Rz. 1026

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass das grundsätzliche Verbot, nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vorzunehmen, zwar in erster Linie Geldleistungen erfasst, dass der Vorstand aber auch nicht berechtigt ist, durch sonstige Leistungen das Genossenschaftsvermögen zu verringern.[2]

 

Rz. 1026a

§ 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG schreibt zudem für die Genossenschaft vor, dass die Mitglieder des Vorstands namentlich zum Ersatz verpflichtet sind, wenn entgegen diesem Gesetz oder der Satzung Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Genossenschaft eingetreten ist oder sich eine Überschuldung ergeben hat, die für die Genossenschaft nach § 98 GenG Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist.[3]

 

Rz. 1027

Das grundsätzliche Verbot, nach Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen zu leisten, ist auch zu beachten, wenn steuerbefreite Wohnungsgenossenschaften – wie es in der Praxis vorkommt – als Alleingesellschafterin Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH gegründet haben, um sog. steuerschädliche Rechtsgeschäfte durch die Tochtergesellschaft betreiben zu lassen.[4] Neben den gesellschaftsrechtlichen Stammeinlagen werden in solchen Fällen zur Kapitalausstattung und Anschubfinanzierung oft auch Gesellschafterdarlehen gewährt.

[1] Zu den weiteren Einzelheiten dieser Vorschrift, u. a. den Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht der Antragspflichtigen, § 15b Abs. 4 bis 8 InsO.
[2] U. a. Beuthien/Beuthien, GenG, § 99 Rn. 6 m. w. N. zur früheren Regelung des § 99 GenG, die nach Inkrafttreten des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes weggefallen ist.
[3] Siehe Rn. 1022.
[4] Siehe Rn. 93.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen