Leitsatz

  1. Der Ertrag aus einer im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder -aufgabe vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG erhöht grundsätzlich den steuerbegünstigten Betriebsveräußerungs- oder -aufgabegewinn (Anschluss an die bisherige Rechtsprechung).
  2. Der Steuerpflichtige kann eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG nicht mehr bilden, wenn er im Zeitpunkt der Einreichung des entsprechenden Jahresabschlusses bei der Finanzbehörde bereits den Entschluss gefasst hatte, seinen Betrieb zu veräußern oder aufzugeben.
 

Sachverhalt

S unterhielt im Streitjahr 1998 einen Gewerbebetrieb, den er durch Vertrag vom 13.1.1998 mit Wirkung zum 3.1.1998 veräußerte. In seiner Einkommensteuererklärung 1998 setzte er einen laufenden Gewinn von rd. 21000 DM und einen Veräußerungsgewinn von rd. 441000 DM an. Der Veräußerungsgewinn enthielt den Ertrag aus der Auflösung von drei zum 31.12.1996 gebildeten Ansparrücklagen von insgesamt 300000 DM. Das Finanzamt ging davon aus, die Ansparrücklagen seien gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG zum 3.1.1998 aufzulösen. Der daraus resultierende Ertrag zuzüglich eines Gewinnzuschlags von 12 % habe den laufenden Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahrs 1998, nicht den begünstigten Veräußerungsgewinn erhöht. Das FG hat die dagegen erhobene Klage als unbegründet abgewiesen. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Nach § 7g Abs. 3ff. EStG 1996 können kleine und mittlere Unternehmen für die künftige Anschaffung oder Herstellung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unter den dort bezeichneten Voraussetzungen eine den Gewinn mindernde Rücklage von 50 % der voraussichtlichen Investitionskosten bilden. Diese Rücklage muss nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG spätestens bis zum Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend wieder aufgelöst werden.

Hat der Steuerpflichtige seinen Betrieb innerhalb dieser Zwei-Jahres-Frist veräußert oder aufgegeben, so erhöht die dann zwingend gebotene Auflösung der Ansparrücklage grundsätzlich nicht den letzten, der Regelbesteuerung unterliegenden laufenden Gewinn, sondern den einkommensteuerbegünstigten und nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Veräußerungsgewinn. Allerdings kann der Unternehmer eine steuermindernde Rücklage von vorneherein nicht mehr bilden, wenn er bereits im Zeitpunkt der Einreichung des entsprechenden Jahresabschlusses beim Finanzamt den Entschluss gefasst hatte, den Betrieb zu veräußern oder aufzugeben. Ob dies im Streitfall zutraf, ist eine Tatfrage, die das FG im zweiten Rechtsgang aufklären muss. Traf dies zu, so war die dann zu Unrecht gebildete Rücklage nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs im ersten noch offenen Veranlagungsjahr zu Gunsten des laufenden Gewinns aufzulösen.

 

Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung[1] hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung[2] bestätigt, wonach eine anlässlich der Betriebsveräußerung oder -aufgabe aufzulösende § 7g-Rücklage – nicht anders als andere steuerfreie Rücklagen und die stillen Reserven – grundsätzlich den steuerbegünstigten Betriebsveräußerungs- oder -aufgabegewinn erhöht. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn die zeitlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Rücklage bereits vor der Betriebsveräußerung oder -aufgabe entfallen sind, was im Streitfall allerdings nicht zutraf. Eine Auflösung zu Gunsten des laufenden Gewinns kann darüber hinaus nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs dann in Betracht kommen, wenn der Steuerpflichtige bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Bildung und Deklarierung der Rücklage gegenüber der Finanzbehörde den Entschluss zur Betriebsveräußerung oder -aufgabe gefasst hatte und sich infolgedessen bewusst war, dass er die vorgeblich geplante Investition nicht tätigen würde.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 20.12.2006, X R 31/03

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