Das Genossenschaftsgesetz formuliert den Förderzweck als zentrales genossenschaftliches Prinzip und verpflichtet die Organe zu dessen Einhaltung. Gemäß § 1 Abs. 1 GenG sind Genossenschaften "Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern".

Zentrales Ziel des Zusammenschlusses der Mitglieder in der Genossenschaft ist nicht die Gewinnerzielung, sondern die Selbsthilfe in Form gegenseitiger Förderung (Solidarprinzip). Andererseits ist in einer Genossenschaft auch ein wirtschaftlicher Akteur zu sehen, der selbstständig am Markt auftritt (Wirtschaftlichkeitsprinzip). Diese für die Unternehmensform der Genossenschaften charakteristische Doppelnatur ist im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen.

Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist ein Instrument zur Umsetzung des dem genossenschaftlichen Prinzip zugrunde liegenden Gedankens der Selbstverwaltung, Selbsthilfe und Selbstverantwortung.[1] Darin liegt ein Unterschied zur Jahresabschlussprüfung bei Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG).

Die Unterscheidung betrifft die Prüfungsinhalte, die Prüfungsausrichtung und ihre Zielsetzung.[2] Das von den Genossenschaftsmitgliedern eingezahlte Kapital hat die Funktion, den Förderzweck zu erfüllen, nämlich die Förderung der wirtschaftlichen Belange seiner Mitglieder.

Die Prüfung des Förderzwecks stellt dabei einen wesentlichen Prüfungsinhalt des Prüfungsverbands dar.[3] Betriebliche Kennzahlen ermöglichen den Vergleich mit anderen Genossenschaften.

Der Prüfungsverband hat über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Im Prüfungsbericht ist Stellung dazu zu nehmen, ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat (§ 58 Abs. 1 Satz 3 GenG).

Der Verband hat den Prüfungsbericht zu unterzeichnen und dem Vorstand der Genossenschaft sowie dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats vorzulegen. Jedes Mitglied des Aufsichtsrats hat den Inhalt des Prüfungsberichts zur Kenntnis zu nehmen (§ 58 Abs. 3 GenG).

Über das Ergebnis der Prüfung haben Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft in gemeinsamer Sitzung unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts zu beraten. Verband und Prüfer sind berechtigt, an der Sitzung teilzunehmen; der Vorstand ist verpflichtet, den Verband von der Sitzung in Kenntnis zu setzen (§ 58 Abs. 4 GenG).

Prüfung des Förderzwecks durch den Prüfungsverband unterstützt Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats

Die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats dient der Sicherstellung des Fördergedankens und dessen Umsetzung durch den Vorstand. Dieser Bereich deckt sich mit dem Prüfungsauftrag des Verbands. Der Aufsichtsrat kann daher auf die Feststellungen des Prüfungsverbands betreffend die Prüfung des Förderzwecks sowie die im Prüfungsbericht dargestellten betrieblichen Kennzahlen zurückgreifen.

 
Wichtig

Prüfung des Förderzwecks: Hinzuziehung des Prüfungsberichts

Im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit sollte der Aufsichtsrat Feststellungen des Prüfungsberichts zum Förderzweck der Genossenschaft sowie zu den betrieblichen Kennzahlen (Vergleich mit anderen Genossenschaften) heranziehen.

[1] Ausführlich zur Entstehungsgeschichte des Prüfungswesens: Lang-Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 53 Rn. 1 ff.
[2] Lang-Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 53 Rn. 16, 17; BerlKomm/Keßler § 53 Rn. 8; Bauer, Genossenschaftshandbuch, § 53 Rn. 11; Beuthien § 53 Rn. 12.
[3] BerlKomm/Keßler § 53 Rn. 1, 8; Lang-Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 53 Rn. 16; Bauer, Genossenschaftshandbuch, § 53 Rn. 11; Beuthien § 53 Rn. 12.

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