Leitsatz

Bei einem Steuerpflichtigen, der als freier Bildjournalist tätig ist, kann das häusliche Arbeitszimmer regelmäßig nicht Mittelpunkt der beruflichen Betätigung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG sein.

 

Sachverhalt

Ein selbständiger Bildjournalist machte u.a. Aufwendungen für ein büromäßig ausgestattetes Arbeitszimmer als Betriebsausgaben geltend, die das Finanzamt nur in Höhe von 2400 DM mit der Begründung berücksichtigte, das Arbeitszimmer habe nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit gebildet. Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage statt. Dagegen richtet sich die Revision des Finanzamts.

 

Entscheidung

Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der – wie im Streitfall – lediglich eine berufliche (betriebliche) Tätigkeit ausübt und dieser Betätigung teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus nachgeht, ist nur dann "Mittelpunkt" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der "Mittelpunkt" bestimmt sich damit nach dem qualitativen Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen. Wo er liegt, kann nur im Wege einer in erster Linie den Finanzgerichten obliegenden umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden[1] . Im Rahmen dieser Wertung kommt dem quantitativen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich indizielle Bedeutung zu. Nicht zu folgen ist daher der Auffassung der Finanzverwaltung[2] , dass allein eine dauerhafte Außendiensttätigkeit schon den unbegrenzten Abzug von Werbungskosten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG ausschließen soll. Anderseits ist ein häusliches Arbeitszimmer – entgegen der Ansicht des FG im Streitfall – nicht schon dann Tätigkeitsmittelpunkt, wenn der Steuerpflichtige über keinen anderweitigen festen Arbeitsplatz verfügt und das Arbeitszimmer das örtliche Zentrum bildet, von dem aus er seiner beruflichen (Außendienst-)Tätigkeit nachgeht. Ob der Steuerpflichtige im häuslichen Arbeitszimmer die "geschäftsleitenden Ideen" entwickelt und die "unternehmensbezogenen Entscheidungen" trifft, ist nur von Bedeutung, wenn die Entwicklung der Ideen und das Fällen der Entscheidungen die Tätigkeit des Steuerpflichtigen insgesamt prägt. Dienen sie dagegen lediglich der Vorbereitung und Unterstützung der eigentlichen Tätigkeit, die außer Haus verrichtet wird, machen sie – so der BFH – das Arbeitszimmer nicht zum Tätigkeitsmittelpunkt. Im Übrigen kann der Tätigkeitsmittelpunkt nicht allein nach den erwirtschafteten Einnahmen bestimmt werden, weil die Abzugsbeschränkung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG an die Tätigkeit anknüpft[3] .

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bildet das häusliche Arbeitszimmer dann nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betrieblichen Tätigkeit, wenn diese keinem konkreten Tätigkeitsschwerpunkt zugeordnet werden kann[4] . Denn nur wenn alle die Berufsausübung prägenden Tätigkeiten im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt werden, kann dort der Mittelpunkt i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG liegen. Dies kann bei einem Bildjournalisten regelmäßig nicht angenommen werden, dessen Foto-Aufnahmetätigkeit – ebenso wie die im Arbeitszimmer erbrachten Leistungen – gleichermaßen als prägend für die Gesamttätigkeit anzusehen sind.

 

Praxishinweis

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind im Übrigen (nur) dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn ein solches für die Erwerbstätigkeit erforderlich ist[5] . Die Erforderlichkeit entfällt allerdings nicht schon dann, wenn dem Steuerpflichtigen irgendein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sondern nur, wenn dieser Arbeitsplatz seiner Beschaffenheit nach ein häusliches Arbeitszimmer entbehrlich macht, z.B., wenn es sich um einen Büroarbeitsplatz handelt[6] .

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 28.8.2003, IV R 34/02

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