Leitsatz

Die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG findet auch dann Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer im Zuge einer Einsatzwechseltätigkeit längerfristig vorübergehend an derselben Tätigkeitsstätte eingesetzt wird (gegen R 39 Abs. 1 Satz 5 LStR).

 

Sachverhalt

Ein auf wechselnden Baustellen tätiger Bauarbeiter setzte im Streitjahr 2000 seine im Dezember 1999 begonnene Arbeit in A bis 21.1. fort. Vom 24. bis 28.1. und – krankheitsbedingt unterbrochen vom 31.1. bis 11.2. – vom 14. bis 18.2. war er in B beschäftigt. Ab 21.2. kehrte er nach A zurück. Bei seiner Veranlagung machte er an 110 Tagen Verpflegungspauschalen wegen ganztägiger Abwesenheit von seiner Familienwohnung von je 46 DM geltend. Das Finanzamt war der Ansicht, bei Einsatzwechseltätigkeit seien die Pauschalen zwar nicht auf 3 Monate begrenzt; nach Ablauf von 3 Monaten (hier: ab 5.3.2000) sei die Abwesenheitszeit aber allein von der Wohnung am Tätigkeitsort und nicht von der am Familienwohnsitz zu berechnen. Deshalb wurden für die Folgezeit (79 Tage) nur noch 10 DM täglich berücksichtigt. Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab. Auf die Revision des Bauarbeiters verwies der BFH die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Der BFH befand, dass die Beschränkung von Verpflegungspauschalen bei längerfristiger vorübergehender Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte auf die ersten drei Monate[1] nicht nur für Dienstreisen, sondern auch für Einsatzwechseltätigkeiten gilt. Dies wird aus Wortlaut, Systematik, Zielsetzung und Entstehungsgeschichte der Vorschrift abgeleitet, insbesondere aus dem Bestreben des Gesetzgebers, allen Arbeitnehmern mit Auswärtstätigkeiten die gleichen Pauschalen zuzumessen und dadurch zur steuerlichen Gleichbehandlung beizutragen. Gleichwohl kam die Dreimonatsfrist im Streitfall nicht zum Zuge, weil die Beschäftigung in B eine neue Einsatzstelle begründete und die Dreimonatsfrist deshalb bei der Rückkehr nach A neu zu laufen begonnen hat. Denn die Unterbrechung der Tätigkeit in A von mehr als vier Wochen war nicht unerheblich und die Zeit der Erkrankung dem Einsatzort B zuzurechnen. Die Zurückverweisung an das FG erfolgte, weil keine Feststellungen dazu getroffen worden waren, an wie vielen Tagen der Bauarbeiter ab dem 21.2.2000 die gesetzlichen Abwesenheitszeiten für Pauschalen erfüllt hat. Darauf, ob der Berechnung der Zeiten die Abwesenheit von der Wohnung am Arbeitsplatz oder von der Familienwohnung zu Grunde zu legen ist, ging der BFH nicht ein.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung zur Anwendbarkeit der Dreimonatsfrist auf die Einsatzwechseltätigkeit ist ein obiter dictum, weil diese Frage im Streitfall nicht entscheidungserheblich war. Denn wegen des zwischenzeitlichen Einsatzes in B hat mit der erneuten Arbeitsaufnahme in A eine neue Frist zu laufen begonnen. Dem Urteil kann entnommen werden, dass das jedenfalls dann angenommen werden kann, wenn die Unterbrechung länger als vier Wochen gedauert hat. Was bei kürzeren Unterbrechungen gilt, ist noch offen. Wendet man die Grundsätze des BFH zur Dreimonatsfrist bei Dienstreisen an[2], wäre eine Gesamtwürdigung des Inhalts vorzunehmen, ob die neue Tätigkeitsstätte gegenüber der vorhergehenden bei wertender Betrachtung sich nach Dauer und Gewicht der erbrachten Arbeit, nach der vermutlichen Rückkehr bzw. nach der Verkehrsanschauung als gleich- oder untergeordnet darstellt. Nach diesen Kriterien könnte eine zwischenzeitliche Beschäftigung an einem anderen Ort auch dann eine neue Tätigkeitsstätte begründen, wenn der dortige Aufenthalt unter vier Wochen bleibt, aber mit einer Rückkehr an die ursprüngliche Tätigkeitsstätte zunächst nicht zu rechnen war.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.7.2004, VI R 43/03

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