Erlass der Finanz­verwaltung

Über ein Jahr nach der Veröffentlichung von 3 Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zum anschaffungsnahen Aufwand hat die Finanzverwaltung zur Anwendung der Rechtsprechung in einem Erlass Stellung genommen.

Umfang der anschaffungsnahen Aufwendungen

Der BFH hat mit seinen 3 Urteilen vom 14.6.2016 (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 25/14, BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 15/15 und BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 22/15) entschieden, dass zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen gehören, die im Rahmen einer Instandsetzung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes anfallen.

Dazu zählen sowohl

  • originäre Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile sowie
  • Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB als auch
  • Schönheitsreparaturen.

15 %-Grenze

(Anmerkung Redaktion: Übersteigen diese Aufwendungen ohne Umsatzsteuer innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes, sind sie als Herstellungskosten zu behandeln.)

Überholte Recht­sprechung

Soweit der BFH bisher bei Schönheitsreparaturen einen engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gefordert hatte (BFH, Urteil v. 25.8.2009, IX R 20/08, BStBl 2010 II S. 125), hält er daran nicht mehr fest.

Unterschiedlich genutzte Gebäudeteile

Der BFH hat zudem klargestellt, dass bei der Prüfung, ob die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG führen, bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude nicht auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen selbstständigen Gebäudeteil abzustellen ist, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird. Maßgeblich ist insoweit, ob die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen.

(Anmerkung Redaktion: Unterschiedliche Gebäudeteile liegen vor, wenn ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt wird.)

Anwendung der neuen Recht­sprechung

Die Grundsätze der 3 BFH-Urteile (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 25/14, BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 15/15 und BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 22/15) – unter Beachtung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO – sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen abweichend hiervon

  • die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Behandlung der Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit anschaffungsnahen Herstellungskosten und
  • die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung, dass eine gebäudebezogene Prüfung der Aufwendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorzunehmen ist.

(BMF, Schreiben v. 20.10.2017, IV C 1 – S 2171-c/09/10004 :006 (DOK 2017/0397458))

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