Leitsatz

Eine Anwartschaft auf eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist keine Beteiligung und deshalb bei der Bestimmung der Beteiligungshöhe i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger sollte mit Aktienkauf- und Übertragungsvertrag vom 28.6.1999 zunächst 1.024 Stammaktien einer AG zum Nennbetrag von 5 EUR erwerben (2 % des Kapitals). Die dingliche Übertragung der Aktien sollte am 1.7.2005 gegen Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 5.120 EUR erfolgen. Vor der Übertragung der Anteile trat der Verkäufer und Mehrheitsaktionär anlässlich eigener Verkaufsverhandlungen seines gesamten Aktienpakets an den Steuerpflichtigen mit der Bitte heran, die Erfüllung des Vertrags durch Übereignung der Aktien zunächst zurückzustellen. Mit Vertrag vom 28.9.2006 wurden sämtliche Anteile der AG (einschließlich der vom Steuerpflichtigen gekauften Anteile) veräußert. Am 5.10.2006 leistete der Verkäufer eine Ausgleichszahlung i.H.v. 300.000 EUR an den Steuerpflichtigen. Aufgrund dieser Zahlung erklärte dieser alle seine Ansprüche aus dem Aktienkauf- und Übertragungsvertrag vom 28.6.1999 als abgegolten. Das Finanzamt erfasste die Ausgleichszahlung von 300.000 EUR unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens (§ 3 Satz 1 Nr. 40c EStG) i.H.v. 150.000 EUR als Veräußerungsgewinn gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG.

Der BFH hat ebenso wie zuvor das FG die Steuerbarkeit der Ausgleichszahlung von 300.000 EUR verneint. Beteiligung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die nominelle Beteiligung am Nennkapital. Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind zwar gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG auch Anwartschaften auf solche Beteiligungen. Jedoch bewirkt die Übertragung einer Anwartschaft noch keinen Übergang der Beteiligung. Anwartschaften sind keine Beteiligungen und mithin bei der Bestimmung der Beteiligungshöhe nicht zu berücksichtigen, und zwar ungeachtet ihrer Eigenschaft als möglicher Gegenstand einer Veräußerung i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Der Steuerpflichtige war an der AG in dem Zeitpunkt, in dem er die Zahlung erhielt, nicht zu mindestens 1 % beteiligt. Er hatte lediglich eine Anwartschaft auf eine solche Beteiligung. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist auch nicht analog anzuwenden.

Die Zahlung von 300.000 EUR ist auch nicht gem. § 22 Nr. 3 EStG steuerbar. Wird ein Entgelt dafür erbracht, dass ein Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, gehört das Entgelt nicht zu den Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 19.2.2013, IX R 35/12.

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