Leitsatz

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist bei richtlinienkonformer Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG Unternehmer, wenn sie eine aus ihrer Gesamtbetätigung heraushebende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, ist sie stets Unternehmer. Bei Ausübung ihrer Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Eine Gemeinde, die einen Marktplatz sowohl für eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit als auch als Straßenbaulastträger für hoheitliche Zwecke verwendet, ist aus den von ihr bezogenen Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.

 

Sachverhalt

Die Stadt organisiert Veranstaltungen (u.a. Wochenmärkte) auf ihrem im Verzeichnis für öffentliche Gemeindestraßen aufgenommen Marktplatz. Aufgrund einer Sondernutzungssatzung war die Benutzung der Gemeindestraßen für regelmäßig wiederkehrende Feste und Märkte zulässig. Das FG versagte den Vorsteuerabzug aus am Marktplatz vorgenommenen Platzneugestaltung nach dem historischen Erscheinungsbild, da insoweit ein hoheitlicher Bezug erfolgt sei.

Bei Nichtbesteuerung von wirtschaftliche Aktivitäten der öffentlichen Hand kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Konkurrenten. Nach dem maßgeblichen Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG gilt dies für entgeltliche Leistungen auf privatrechtlicher Grundlage und für entgeltliche Tätigkeit auf auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, soweit ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Leistungsanbietern besteht. Auch das Handeln durch gebührenpflichtigen Verwaltungsakt kann bei Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zur Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand führen.

Nach Auffassung des BFH war daher die Gemeinde durch die entgeltliche Vermietung von Standplätzen an Markthändler Unternehmer. Wegen ihres Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12a UStG (§ 9 UStG) war sie auch vorsteuerabzugsberechtigt. Trotz der ansonsten hoheitlichen Nutzung für den Gemeingebrauch war die Gemeinde damit aufgrund der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung der Standflächen zum anteiligen Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Sanierung des Marktplatzes berechtigt.

 

Hinweis

Das FG muss nun noch Vorsteueraufteilung entscheiden. Diese kann laut BFH nach der Anzahl der Markttage im Kalenderjahr erfolgen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 3.3.2011, V R 23/10.

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