Leitsatz

Erfüllt die Beteiligung des Organträgers (Obergesellschaft) an einer Organgesellschaft (GmbH) die Voraussetzungen, die an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II des Organträgers bei einer Unterpersonengesellschaft zu stellen sind, so liegt die Annahme nahe, dass für die Zeit des Bestehens der Organschaft die Erfassung der aus der Beteiligung herrührenden Einnahmen (Betriebsergebnisse der Organgesellschaft) bei der Untergesellschaft auszusetzen ist. Die Eigenschaft des Anteils an der Organgesellschaft als Sonderbetriebsvermögen der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft kommt jedenfalls dann wieder zum Tragen, wenn die Organschaft beendet oder der Anteil veräußert wird.

 

Sachverhalt

Eine GmbH & Co. KG war im Streitjahr 1985 zu 50% an der A-GmbH beteiligt. Sie wies die Anteile in ihrer Bilanz auf den 31.12.1984 mit 732970DM aus. Die andere Hälfte der Anteile hielt die B-AG. Beide Muttergesellschaften und die A-GmbH hatten 1974 einen Gewinnabführungsvertrag geschlossen. Zur gemeinsamen Willensbildung der Muttergesellschaften diente eine GbR, an der die B-AG und die Klägerin ebenfalls je zur Hälfte beteiligt waren. An diese GbR wurde – jedenfalls bis 1984 – der jeweilige Jahresüberschuss der A-GmbH abgeführt, gesondert und einheitlich festgestellt und auf die Klägerin sowie die B-AG verteilt. Die Klägerin und die B-AG waren des Weiteren zu je 50% mit einer Kommanditeinlage von je 3,5 Mio. DM alleinige Kommanditisten der C-KG und alleinige Gesellschafter der Komplementär-GmbH.

1985 brachten die Klägerin und die B-AG ihre Anteile an der A-GmbH zum Nennwert von je 500000DM gegen Erhöhung ihrer Kommanditeinlagen auf je 4Mio.DM zu Buchwerten in die C-KG ein. Die Klägerin veräußerte ihre Beteiligung an der C-KG an die B-AG für insgesamt 151Mio.DM. Der sich für sie ergebende Gewinn wurde bei der C-KG als begünstigter Veräußerungsgewinn erklärt und festgestellt. Das Finanzamt sah die Einbringung zu Buchwerten als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten an und ermittelte bei der Klägerin einen Gewinn aus der Anteilsübertragung auf die C-KG von 7,1 Mio. DM. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

  1. Nach Auffassung des BFH ist das FG unzutreffend davon ausgegangen, dass die Anteile an der A-GmbH nicht zum Sonderbetriebsvermögen der Klägerin bei der C-KG gehören konnten, und hat deshalb die erforderlichen Feststellungen zur Stärkung der Mitunternehmerstellung durch die Beteiligung zu Unrecht unterlassen. Zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Mitunternehmers zu dienen[1]. Sonderbetriebsvermögen II ist anzunehmen, wenn die dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter – hier: die Beteiligung an der GmbH – zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden[2]. Dies gilt auch dann, wenn die GmbH-Anteile nach der neueren Rechtsprechung des BFH zur Mehrmütterorganschaft notwendig zum eigenen Betriebsvermögen der Klägerin gehören. Denn trotz der Fiktion, dass die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers anzusehen ist, bilden die Organgesellschaft und der Organträger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr zivil- und steuerrechtlich selbständige Gesellschaften[3]. Erfüllten die Anteile an der A-GmbH einerseits die Anforderungen, die an notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin selbst zu stellen sind, andererseits aber auch die Voraussetzungen für notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der Klägerin bei der C-KG, so liegt ein Fall der sog. Bilanzierungskonkurrenz vor. Der BFH hat entschieden, dass dieses Konkurrenzverhältnis zugunsten des Vorrangs der Mitunternehmerschaft zu lösen ist, so dass die Zuordnung zum Sonderbetriebs-vermögen bei der Untergesellschaft Vorrang genießt[4].
  2. Die Einbringung zum Buchwert stellt keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des §42 AO dar, weil sie schon nicht der Steuerminderung dienen sollte. Die angemessene Gestaltung hätte nach Ansicht des Finanzamts darin bestanden, den Anteil an der A-GmbH – ohne die vorangegangene Übertragung zum Buchwert in das Gesamthandsvermögen der C-KG – unmittelbar an die B-AG zu veräußern. Unter der Prämisse, dass es sich bei dem GmbH-Anteil um Sonderbetriebsvermögen der Klägerin bei der C-KG handelte, hätte sich hierdurch jedoch keine höhere Steuer ergeben.
 

Praxishinweis

Überträgt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein in seinem Eigentum befindliches Wirtschaftsgut, das zu seinem Sonderbetriebsvermögen bei der Mitunternehmerschaft gehört, in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, so konnte das übertragene Wirtschaftsgut nach der in den Streitjahren geltenden Rechtslage in der Bilanz der Personengesellschaft mit dem Buchwert angesetzt werden[5]. Von diesem Wahlrecht haben die Klägerin und die C-KG im Streitfall Gebrauch gemacht.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 24.2.2005, IV R 12/03

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