Leitsatz (amtlich)

Die Bildung einer Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG setzt für einen erst zu eröffnenden Betrieb voraus, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert ist. Sollen die wesentlichen Betriebsgrundlagen angeschafft werden, setzt das ihre verbindliche Bestellung voraus.

 

Sachverhalt

Die Kläger sind die Ehepartner der in einer Steuerberatersozietät zusammengeschlossenen Prozessbevollmächtigten. Mit Gesellschaftsvertrag vom 18.9.1995 schlossen sie sich zum Zweck des Betriebs einer Windkraftanlage zu einer GbR zusammen. Am 30.9.1995 wurde mit dem Ehemann einer der Klägerinnen ein Pacht- und Nutzungsvertrag über Grundflächen zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage geschlossen. Die Flächen sollten mit dem Beginn der Bauarbeiten zur Verfügung gestellt werden; eine Nutzungsentschädigung war ab der Einspeisung, spätestens jedoch ab dem zweiten Monat nach Erteilung der Baugenehmigung zu entrichten. Die Verpflichtungen des Pächters sollten nur wirksam werden, wenn u.a. die zum Betrieb und zum Bau der Anlagen erforderlichen Genehmigungen erteilt und die Einspeisemöglichkeiten in das öffentliche Stromnetz gegeben sein würden. Zum 15.11.1997 meldeten die Kläger das Gewerbe ab und lösten die Gesellschaft auf. Für das Streitjahr 1995 erklärten sie unter Berücksichtigung einer Ansparabschreibung von 300 000 DM für die geplante Anschaffung einer Windkraftanlage einen Verlust von 300 025 DM. Das Finanzamt berücksichtigte die Ansparabschreibung nicht. Die dagegen gerichtete Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 7g Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr 1995 geltenden Fassung können Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen für die künftige Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter eine den Gewinn mindernde Rücklage (Ansparabschreibung) bilden. Die Rücklage darf auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht[2].

Es besteht kein Zweifel, dass nur "Betriebe" zur Bildung einer Ansparrücklage berechtigt sind. Schon die Gesetzesbegründung spricht von einer betriebsbezogenen Ausgestaltung der Fördermaßnahme[3]. Einerseits muss zwar die Betriebseröffnung im Jahr der Rücklagenbildung noch nicht vollendet sein. Durch § 7g Abs. 3 EStG sollte nämlich für mittelständische Unternehmen die Möglichkeit geschaffen werden, im Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten zur Finanzierung künftiger Investitionen eine Rücklage zu bilden[4]. Dem wirtschaftsfördernden Zweck der Vorschrift folgend, muss die Vergünstigung auch bei Neugründungen gewährt werden. Das zeigt auch die Einführung einer besonderen Förderung für Existenzgründer[5] durch das JStG 1997[6]. Mit der Einfügung von § 7g Abs. 7 EStG wurden nicht etwa erstmalig Existenzgründer in die Förderung einbezogen, sondern es wurden die Ansparabschreibungen gegenüber den für bestehende Betriebe vorgesehenen Möglichkeiten erweitert. Wollte man die Bildung einer Ansparrücklage vom Vorhandensein sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen abhängig machen, könnte bei Neugründungen der wirtschaftspolitische Förderungszweck nicht erreicht werden.

Auf der anderen Seite reicht es für die Annahme eines Betriebes i.S. des § 7g Abs. 3 EStG aber nicht aus, wenn lediglich die ersten Vorbereitungshandlungen getroffen worden sind. Dabei verkennt der Senat nicht, dass dieser Zeitpunkt maßgeblich dafür sein kann, ab wann ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen oder eine Ausgabe dem Betriebsausgabenbereich zuzuordnen sind[7]. Dieser weite Begriff der Betriebseröffnung lässt sich jedoch ebenso wenig wie der enge Betriebseröffnungsbegriff, der das Vorhandensein aller wesentlichen Betriebsgrundlagen voraussetzt, ohne weiteres auf den Bereich der wirtschaftsfördernden Maßnahmen übertragen. Auch insoweit ist auf den Zweck der Steuervergünstigung abzustellen. Anders als in den Fällen, in denen der BFH die Vornahme der ersten Vorbereitungshandlungen für maßgeblich gehalten hat, sind in den Fällen, in denen eine Ansparrücklage gebildet werden soll, Ausgaben für das angeschaffte Wirtschaftsgut noch nicht angefallen. Der Steuerpflichtige muss (im Fall eines bereits in Gang gesetzten Unternehmens) nicht einmal glaubhaft machen, dass die Investition tatsächlich beabsichtigt ist[8]. Um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden, ist jedoch für erst noch zu eröffnende Betriebe zu verlangen, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert ist. Sollen - wie im Streitfall - die wesentlichen Betriebsgrundlagen angeschafft werden, setzt das ihre verbindliche Bestellung voraus.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 25.4.2002 – IV R 30/00

Anmerkung

In einem weiteren Revisionsverfahren[9] wird der BFH gegebenenfalls Gelegenheit haben, die Frage zu entscheiden, ob die im vorstehenden Urteil des IV Senats zu einem erst zu eröffnenden Betrieb entw...

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