Leitsatz

  1. Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 EStG 2002 sind nach Abs. 3 Satz 4 der Vorschrift nur anteilige GewSt-Messbeträge einzubeziehen, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen.
  2. § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 ist auch bei Vorliegen einer Organschaft nicht entsprechend auf anteilige GewSt-Messbeträge anzuwenden, die aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) stammen.
  3. Der "Durchleitung" anteiliger GewSt-Messbeträge durch eine Kapitalgesellschaft steht die Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern entgegen.
 

Sachverhalt

Die K-KG hielt als Organträgerin 94 % der Anteile an einer GmbH. Die GmbH war mit 35 % als atypisch stille Gesellschafterin an der N-KG beteiligt. Die K-KG beantragte die Anrechnung des auf die GmbH entfallenden Anteils am GewSt-Messbetrag der N-KG entsprechend ihrer Quote von 94 %. Das Finanzamt lehnte dies ab; das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH lehnt die Einbeziehung ab, weil das Gesetz dahin auszulegen ist, dass nur Anteile an GewSt-Messbeträgen aus unmittelbaren Beteiligungen in die gesonderte Feststellung für eine Ober-Personengesellschaft einzubeziehen sind.

 

Kommentar

Praxishinweis

Die Organ-GmbH ist nicht anrechnungsberechtigt. Da ihr Einkommen aber dem Organträger zugerechnet wird, könnte die Anrechnungsberechtigung auf den Organträger übergehen, sofern dieser eine natürliche Person oder Mitunternehmerschaft und daher anrechnungsberechtigt ist. Unterbleibt die Weiterleitung, geht das in der N-KG entstandene Anrechnungsvolumen i.H. des auf die Organ-GmbH entfallenden Anteils verloren.

Der BFH lehnt die Weiterleitung über die Organ-GmbH ab. Die Anrechnung setzt nach seiner Ansicht eine unmittelbare Beteiligung voraus. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften werden die anteiligen Messbeträge zwar Stufe für Stufe bis an den Schlussgesellschafter weitergereicht. Soweit ein nicht anrechnungsberechtigter Gesellschafter beteiligt ist, endet die Weiterleitung auf dessen Stufe; sie kann nicht durch eine Organschaft "übersprungen" werden.

Der Ausschluss der Kapitalgesellschaften von der Anrechnung ist eine Folge des niedrigen Körperschaftsteuersatzes. Bei einer Organschaft mit einer natürlichen Person oder Personengesellschaft, an der natürliche Personen beteiligt sind, unterliegt der Gewinn der Kapitalgesellschaft aber dem höheren Einkommensteuertarif. Wird die Anrechnung der Gewerbesteuer auf dieser Ebene nicht gestattet, werden diese Gesellschafter benachteiligt.

Verfassungswidrig ist diese Ungleichbehandlung jedoch nicht. Denn die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft hat das BVerfG bereits in seiner Entscheidung zu § 32c EStG a.F. als Rechtfertigung für eine letztlich unzureichende Gewerbesteuerentlastung ausreichen lassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 22.9.2011, IV R 3/10.

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