Leitsatz

  1. Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.
  2. Kann der Arbeitnehmer den ihm überlassenen Dienstwagen auch privat nutzen und wird über die Nutzung des Dienstwagens ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt, so ist der zu versteuernde geldwerte Vorteil nach der 1 %-Regelung zu bewerten. Eine Schätzung des Privatanteils anhand anderer Aufzeichnungen kommt nicht in Betracht.
 

Sachverhalt

Die beiden Geschäftsführer einer GmbH, denen in den Jahren 2002 und 2003 firmeneigene Pkw zur Verfügung standen, ermittelten den privaten Nutzungsanteil mit dem Tabellenkalkulationsprogramm MS-Excel. Die Dateien enthalten zeilenweise fortlaufend für jede einzelne Fahrt Angaben zu Wochentag, Datum, Anlass der Fahrt (privat, Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb, geschäftlich) mit der jeweils zurückgelegten Strecke und Kilometerstand am Ende der Fahrt. Die den nachträglich erstellten Einträgen zugrunde liegenden Aufzeichnungen wie Terminkalender und ähnliche Notizen wurden vernichtet. Der Lohnsteuerabzug wurde anhand der Nutzungsvorteile durchgeführt, die nach den eingegebenen Daten errechnet wurden. Das Betriebsstättenfinanzamt verwarf nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs, ermittelte den Nutzungsvorteil nach der 1 %-Methode und forderte die Lohnsteuer aus der Differenz mit Haftungsbescheid nach. Klage und Revision hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Liegt kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vor, ist der private Nutzungsvorteil zwingend pauschaliert zu berechnen. Eine wie auch immer geartete ergänzende Schätzung kommt dagegen nicht in Betracht[1]. Mangels einer Legaldefinition sind die diesbezüglichen Anforderungen aus dem Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs und dem mit ihm verfolgten Zweck herzuleiten. Danach erfüllt ein "Fahrten"-Buch als Eigenbeleg die Aufgabe, über die unternommenen Fahrten Rechenschaft abzulegen. Da die Aufzeichnungen eine "buch"-förmige Gestalt aufweisen sollen, sind die Angaben in einer gebundenen, jedenfalls aber derart geschlossenen Form festzuhalten, dass nachträgliche Änderungen ausgeschlossen oder zumindest erkennbar sind. Eine lose Sammlung einzelner Daten entspricht dem nicht. Ordnungsmäßigkeit besagt weiter, dass die Fahrten in übersichtlicher äußerer Form und zeitlich fortlaufend wiederzugeben sind. Außerdem sind die Aufzeichnungen nach Sinn und Zweck der Regelung zeitnah zu führen, da nur so gewährleistet ist, dass Privatfahrten nicht unberücksichtigt bleiben bzw. der beruflichen Nutzung zugeordnet werden.

Das verwendete elektronische Fahrtenbuch wird diesen Anforderungen nicht gerecht. MS-Excel eröffnet die Möglichkeit, eingegebene Daten zu ändern, ohne dass dies in der Datei dokumentiert wird. Damit können Eintragungen nachträglich ohne größeren Aufwand an praktisch jedes gewünschte Ergebnis angepasst werden. Der Ausdruck einer solchen Datei ist deshalb zum Nachweis der Vollständigkeit und Richtigkeit der erforderlichen Angaben nicht geeignet.

 

Praxishinweis

Es dürfte nicht möglich sein, die Ordnungsmäßigkeit dadurch zu erhalten, dass aus einer Tabellenkalkulation jeweils ein zeitnaher Ausdruck vorgenommen, fortlaufend paginiert und signiert wird. Denn auch in diesem Fall bleibt eine Loseblattsammlung, die die Gewähr der Manipulationsfreiheit nicht bietet. Es bleibt abzuwarten, wie das Erfordernis unterbleibender späterer Änderungen bei elektronischen Fahrtenbüchern gewährleistet werden kann, damit die mit solchen Programmen verbundenen Vereinfachungseffekte erhalten bleiben.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 16.11.2005, VI R 64/04

[1] Vgl. § 8 Abs. 2 Sätze 2-4 i.V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG

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