Leitsatz

Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb eines Versicherungsunternehmens i.S.d. Aktivitätsklausel des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG a.F. kann auch gegeben sein, wenn die ausländische Tochtergesellschaft durch einen Betriebsführungsvertrag ein anderes Unternehmen mit der Ausführung des Versicherungsgeschäfts betraut hat.

 

Sachverhalt

Ein deutsches Versicherungsunternehmen hat eine Tochtergesellschaft (X-Ltd.) in Irland gegründet, die Rückversicherungsgeschäfte abschloss und daraus beträchtliche Einkünfte erzielte. Diese Einkünfte waren in Irland nur mit einem ermäßigten Steuersatz von 10 % zu versteuern. Das operative Geschäft überließ die Ltd. über ein "management agreement" allerdings einer von ihr in Irland gegründeten weiteren Kapitalgesellschaft. Das Finanzamt war der Auffassung, bei der X-Ltd. handele es sich um eine Zwischengesellschaft nach §§ 7ff. AStG a.F., sodass die im Jahr 1995 von ihr erzielten Einkünfte geeignet seien, beim deutschen Versicherungsunternehmen für 1996 die Rechtsfolge der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 10 AStG a.F. auszulösen. Das Finanzamt stellte den aus dem "investment income" der X-Ltd. resultierenden Hinzurechnungsbetrag auf 15 Mio. EUR und die Summe der anzurechnenden Steuern auf 1,5 Mio. EUR gesondert fest.

Der BFH entscheidet, dass das von der X-Ltd. im Jahr 1995 erzielte "investment income" dem Einkommen des deutschen Versicherungsunternehmens nicht nach Maßgabe der §§ 7ff. AStG a.F. hinzuzurechnen ist. Kontrovers beurteilt wird von den Beteiligten, ob die Hinzurechnung deshalb zu unterbleiben hat, weil die von der X-Ltd. erzielten Einkünfte dem "Aktivitäts"-Tatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG a.F. unterfallen. Aktiv tätig wäre die ausländische Kapitalgesellschaft, die ein Versicherungsunternehmen betreibt, nur wenn sie für ihre Geschäfte einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb unterhält (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG). Diese Voraussetzung liegt hier vor. Das Erfordernis des in kaufmännischer Weise eingerichteten Betriebs betrifft unmittelbar (nur) die Organisation des Betriebs, nicht aber das Erfordernis, selbst und ausschließlich eine entsprechende Tätigkeit "am Markt" auszuüben. Diese Aktivitätsvoraussetzung kann auch vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft durch einen Betriebsführungsvertrag ein anderes, ihr verbundenes Unternehmen mit der Ausführung des Versicherungsgeschäfts betraut. Die Einkünfte der Ltd. sind der deutschen Muttergesellschaft nicht hinzuzurechnen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 13.10.2010, I R 61/09.

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