Leitsatz (amtlich)

Vergütungen für einen ausschließlich zur Vermögenssorge bestellten Vormund/ Betreuer stellen keine außergewöhnlichen Belastungen, sondern Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten bei den mit dem verwalteten Vermögen erzielten Einkünften dar, sofern die Tätigkeit des Vormunds/Betreuers weder einer kurzfristigen Abwicklung des Vermögens noch der Verwaltung ertraglosen Vermögens dient.

 

Sachverhalt

Die 1978 und 1980 geborenen Klägerinnen sind Schwestern. Durch den Tod ihrer Mutter, die sie je zur Hälfte beerbt haben, sind sie Vollwaisen geworden. Im September 1987 ordnete das Amtsgericht die Vormundschaft über die Klägerinnen an. Es bestellte die Rechtsanwältin R für die Vermögenssorge. R oblag als Vormund vor allem die Verwaltung des Erbes der Klägerinnen, das aus einer Beteiligung an einer gewerblichen GbR, einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden GbR mit drei teilweise vermieteten Grundstücken sowie aus einem weiteren Grundstück bestand. Im Mai 1988 bestellte das Vormundschaftsgericht Rechtsanwalt S zum Gegenvormund. Seine Aufgabe war die Überwachung der Tätigkeit des Vormunds. Für die Klägerin zu 2. wurde 1989 gemäß § 1909 BGB eine Ergänzungspflegschaft angeordnet, und zwar mit dem Wirkungskreis "Teilerbauseinandersetzung nach dem 15.11.1985 verstorbenen F und der am 3.8.1987 verstorbenen Mutter I". Für das Streitjahr 1990 machten die Klägerinnen die Vergütungen für Vormund, Gegenvormund und Ergänzungspfleger vergeblich als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Klagen blieben erfolglos[1]. Die Revision der Klägerinnen hatte teilweise Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat i.E. zwar zu Recht die von den Klägerinnen geltend gemachten Kosten für den Vormund und Gegenvormund nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 EStG anerkannt, doch kommt ihre Berücksichtigung als Erwerbsaufwendungen - Betriebsausgaben oder Werbungskosten - in Betracht.

Im Streitfall ist ein Ansatz der entstandenen Kosten als außergewöhnliche Belastung schon deshalb nicht möglich, weil die Aufwendungen ihrer Art nach Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerinnen nach den §§ 20, 21 oder 22 bzw. Sonderbetriebsausgaben bei den Einkünften nach § 15 EStG oder Sonderwerbungskosten bei den Einkünften nach § 21 EStG sind.

Bei der Beurteilung eines möglichen wirtschaftlichen Zusammenhangs der Vergütung für den Vormund mit einer Einkunftsart i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist auf die Art und den Zweck der Tätigkeit abzustellen, die der Vormund im Einzelfall ausführt[2]. Aufgabe des - wie im Streitfall -ausschließlich mit der Vermögenssorge betrauten Vormunds ist die Verwaltung des Mündelvermögens mit dem Ziel, dessen Substanz zu erhalten und zu vermehren. Die Tätigkeit des Vormunds ist - soweit sie nicht lediglich ähnlich der Tätigkeit eines mit der Auseinandersetzungs- oder Abwicklungsvollstreckung betrauten Testamentsvollstreckers einer kurzfristigen Abwicklung von Vermögen dient - von ihrer Zwecksetzung her vorwiegend ertragsorientiert ausgerichtet. Der Vormund ist im Grunde nur der verlängerte Arm des geschäftsunfähigen bzw. beschränkt geschäftsfähigen Vermögensinhabers, mit dessen Hilfe Einkünfte aus dem verwalteten Vermögen erzielt werden. Das bedeutet, dass die für die Tätigkeit des Vormunds bei der Vermögensverwaltung anfallenden Aufwendungen grundsätzlich den Erwerbsaufwendungen zuzurechnen sind[3].

Die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Vermögenssorge ertragloses Vermögen eines Mündels betrifft, braucht der Senat nicht zu entscheiden; denn es spricht im Streitfall alles dafür, dass das gesamte Vermögen der Klägerinnen entweder der Erzielung gewerblicher Einkünfte nach § 15 EStG oder von Einkünften nach § 21 EStG bzw. nach § 20 EStG diente.

Die Vergütungen für einen Vormund/Betreuer werden zwar nach § 1836 BGB einheitlich als Gesamtbetrag festgesetzt. Sind die Aufwendungen - wie im Streitfall - jedoch insgesamt verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen, so müssen sie, gegebenenfalls im Wege einer schätzungsweisen Aufteilung, den einzelnen Einkunftsarten zugeordnet werden[4]. Dasselbe gilt für die Vergütung des zur Überwachung des Vormunds eingesetzten Gegenvormunds, da seine Tätigkeit mit der des Vormunds unlösbar verknüpft ist.

Die Kosten für den Ergänzungspfleger stellen dagegen weder außergewöhnliche Belastungen noch Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar. Die Ergänzungspflegschaft war notwendig geworden, um Teilerbauseinandersetzungen anlässlich von Grundstücksgeschäften im Rahmen der vermögensverwaltenden Grundstücks-GbR durchführen zu können. Die Grundstücke waren somit dem Privatvermögen zuzuordnen. Veräußerungskosten im Bereich des Privatvermögens können folglich nur die einkommensteuerneutrale Vermögenssphäre betreffen.

Das FG wird nunmehr festzustellen haben, welchen Einkünften der Klägerinnen in welcher Höhe die Vergütungen für den Vormund und den Gegenvormund im einzelnen zuzurechnen sind und ob die Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben bzw. -werbungskosten noch im Rahmen der einheitlichen Fes...

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