Leitsatz

Veräußert ein Steuerpflichtiger seine bisher selbst genutzte und durch ein Darlehen finanzierte Immobilie und verwendet er unter Aufrechterhaltung des Darlehens nur einen Teil des Verkaufserlöses dazu, durch die Anschaffung einer anderen Immobilie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, so kann er aus dem fortgeführten Darlehen nicht mehr an Schuldzinsen als Werbungskosten abziehen, als dem Anteil der Anschaffungskosten der neuen Immobilie an dem gesamten Verkaufserlös entspricht.

 

Sachverhalt

Eheleute hatten zur Finanzierung ihres selbst genutzten Einfamilienhauses ein dinglich durch das Grundstück gesichertes Darlehen von 210 000 DM aufgenommen. 1995 veräußerten sie ihr Einfamilienhaus für 500 000 DM. Den Kaufpreis verwendeten sie in Höhe von 300 000 DM für die Anschaffung zweier Eigentumswohnungen, die sie vermieteten. Das noch in Höhe von 190 000 DM valutierte Darlehen tilgten sie nicht, sondern führten den Darlehensvertrag fort und sicherten die Restschuld dinglich durch die Eigentumswohnungen.

In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute die Zinsen aus dem verbliebenen Darlehen in vollem Umfang geltend. Das Finanzamt lehnte das ab und berücksichtigte nur einen Anteil von 300/500 der Aufwendungen. Hiergegen wandten sich die Eheleute und argumentierten, die vollen Schuldzinsen seien ebenso abziehbar, wie wenn sie einen neuen Kredit aufgenommen hätten. Damit hatten sie weder vor dem FG noch vor dem BFH Erfolg.

 

Entscheidung

Schuldzinsen sind als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, wenn das ihnen zugrunde liegende Darlehen zum Erzielen von entsprechenden Einkünften verwendet wurde, weil damit z.B. die Anschaffungskosten für ein (vermietetes) Gebäude finanziert wurden. Nur eine tatsächliche Zuordnung des Darlehens, nicht eine bloß gedankliche Zuweisung reicht aus. Dabei kommt es nicht allein auf den ursprünglichen Zweck der Schuldaufnahme an.

Ein Zusammenhang mit der Einkunftsart besteht auch, wenn ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Grundstück veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zecke der Einkünfteerzielung eingesetzt wird. Mit der Veräußerung erfährt das Darlehen eine Zweckänderung und tritt in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle des Grundstücks getretenen Veräußerungserlös (Surrogationsbetrachtung). Verwendet der Veräußerer – wie die Eheleute – nur einen Teil des Veräußerungserlöses für die Anschaffung einer Immobilie, mit der er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, so kann er auch nur Schuldzinsen in Höhe dieses Anteils abziehen. So wie hier: Das Darlehen von noch 190000 DM setzt sich im Veräußerungserlös von 500 000 DM fort. Da die Eheleute aber davon nur 300 000 DM im Rahmen der Vermietung und Verpachtung verwenden, können sie auch nur 3/5 der Schuldzinsen als Werbungskosten abziehen.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung setzt die Rechtsprechung des BFH fort, wonach es auf die tatsächliche Zuordnung des Darlehens und nicht auf eine willkürliche Zuweisung durch den Steuerpflichtigen ankommt. Die Surrogationsbetrachtung gewährleistet diesen tatsächlichen Bezug. Die Eheleute können also nicht das verbliebene Darlehen zu 100 % dem Teil des Veräußerungserlöses zurechnen, den sie zum Erzielen von Einkünften verwenden.

Was geschieht aber mit dem Rest? Legen sie den Veräußerungserlös in Höhe von 200 000 DM z.B. an und erzielen aus ihrer Kapitalanlage Einkünfte aus Kapitalvermögen, so wären dadurch die Zinsen aus dem verbliebenen Darlehen veranlasst und sie könnten 2/5 der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 EStG abziehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.04.2003, IX R 36/00

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