Leitsätze (amtlich)

Wird ein Wirtschaftsgut von einem neu gegründeten Gewerbebetrieb vor dem Zeitpunkt angeschafft oder hergestellt, zu dem erstmals ein Einheitswert festzustellen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BewG), ist die Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 1 EStG 1994 auch dann zu gewähren, wenn die in § 7g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG 1994 angeführten Größenmerkmale überschritten werden (Abweichung von R 83 Abs. 1 Sätze 6 und 7 EStR 1993/ 1996). Gleichermaßen ist die Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 EStG 1994 zu gewähren, weil die in Abs. 2 genannten Größenmerkmale bei einem neu gegründeten Gewerbebetrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, das der Bildung der Rücklage vorangeht (§ 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 EStG 1994), stets erfüllt sind (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 19.1.1996, BStBl I 1996, S. 1441, dort unter 1.).

Für die Vorabausschüttung einer Kapitalgesellschaft ist auch dann die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 1 KStG herzustellen, wenn sie von dem später festgestellten Jahresgewinn nicht gedeckt wird. Die Rückforderung und Rückzahlung der überhöhten Vorabausschüttung ändert daran nichts (Bestätigung von Abschn. 77 Abs. 10 Satz 6 KStR 1993/1995).

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde am 23.6.1995 gegründet. Am 2.1.1996 beschlossen ihre Gesellschafter für das abgelaufene Geschäftsjahr 1995 (Streitjahr) eine Vorabausschüttung von 900 000 DM, die Anfang 1996 auch ausbezahlt wurde. Freie Rücklagen oder Gewinnvorträge waren nicht vorhanden. Tatsächlich wies der Jahresabschluss 1995 einen Gewinn von nur 429 926 DM aus. Der Ermittlung dieses Gewinns lagen eine Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 1 EStG 1994 von 95 990 DM und eine Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 EStG 1994 von 175 000 DM zugrunde. Das Finanzamt erkannte die Sonder- und die Ansparabschreibungen unter Hinweis auf die Verwaltungsansicht[1] nicht an. Außerdem stellte das Finanzamt - unter Hinweis auf Abschn. 77 Abs. 10 Satz 3 KStR 1993/1995 - die Ausschüttungsbelastung unter Berücksichtigung der Vorabausschüttung von 900 000 DM her. Die Klage hatte in beiden Streitpunkten Erfolg[2]. Die Revision des Finanzamts hatte teilweise Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Hinsichtlich der von der Klägerin begehrten Sonder- und Ansparabschreibungen gemäß § 7g EStG 1994 ist die Revision des Finanzamts unbegründet. Neben anderen, hier nicht strittigen Erfordernissen ist Voraussetzung bei Inanspruchnahme der Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 2 EStG 1994, dass der Einheitswert des Betriebes, zu dessen Anlagevermögen das Wirtschaftsgut gehört, nicht mehr als 240 000 DM beträgt, und zwar im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes[3]. Bei Inanspruchnahme der Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 EStG 1994 müssen die erwähnten Größenmerkmale am Schluss des Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage vorangeht, erfüllt sein[4].

Liegt die Anschaffung oder Herstellung - wie hier - vor dem Zeitpunkt, zu dem ein Einheitswert festgestellt wird (hier: 1.1.1996), so ist nach Ansicht der Finanzverwaltung für die Gewährung der Sonderabschreibung derjenige Einheitswert maßgebend, der auf den der Anschaffung oder Herstellung folgenden Feststellungszeitpunkt festgestellt wird[5]. Es sollen jedoch keine Bedenken bestehen, stattdessen bei der Beurteilung der Frage, ob die Höchstgrenzen überschritten sind, statt des Einheitswerts einen Hilfswert zugrunde zu legen, der in sinngemäßer Anwendung des § 23 GewStDV a.F. zu ermitteln sei[6]. Auch für die Gewährung der Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 EStG 1994 reicht es nach Ansicht der Finanzverwaltung aus, wenn die in § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG 1994 genannten Größenmerkmale nach den für die Einheitswertfeststellung maßgebenden Grundsätzen berechnet werden, und zwar bei Neugründung eines Betriebs, bezogen auf die Verhältnisse zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Betriebseröffnung[7].

Dagegen steht das Schrifttum nahezu einhellig auf dem Standpunkt, dass dann, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung noch kein Einheitswert festzustellen ist, die Höchstgrenze von 240000 DM nicht überschritten sein könne. Dieser überwiegenden Auffassung schließt sich der Senat an. Die Verwaltungsmeinung überzeugt nicht. Stellt man auf den im Wege der Nachfeststellung nach § 23 BewG festgestellten Einheitswert ab, so käme dann erst dem Beginn des nachfolgenden Kalenderjahres und den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Wertverhältnissen entscheidende Bedeutung zu. Das aber stünde im Gegensatz zum ausdrücklichen Gesetzeswortlaut. Ermittelt man stattdessen einen rechnerischen Hilfswert, so gilt dasselbe. Bei Inanspruchnahme der Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 EStG 1994 folgt dies letztlich zwingend aus dem Gesetzeswortlaut, weil die Größenmerkmale am Schluss desjenigen Wirtschaftsjahres vorliegen müssen, das dem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage vorangeht. Ein solches vorangehend...

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