Leitsatz

Wirtschaftsgüter, die zum Zwecke der dauerhaften Einbindung in einen bereits bestehenden Geschäftsbetrieb erworben werden, sind prinzipiell auch im Anlagevermögen auszuweisen, wenn der Betrieb einschließlich der erworbenen Wirtschaftsgüter kurze Zeit später veräußert wird.

 

Sachverhalt

Eheleute waren Kommanditisten der W-KG sowie alleinige Anteilseigner der Komplementär-GmbH. Am 19.12.1985 sind zum einen die Anteile an der GmbH auf einen Dritten übertragen worden. Zum anderen wurde vereinbart, dass die KG ihre Großwäscherei mit Wirkung vom 2.1.1986 an die GmbH zum Preis von (netto) 3,5 Mio. DM veräußert.

Die KG hat noch im Dezember 1985 bisher geleaste Wirtschaftsgüter, z.B. Wasch- und Trocknungsgeräte, Fahrzeuge, erworben, diese in ihrer Bilanz zum 31.12.1985 als Anlagevermögen ausgewiesen und hierauf unter Bezugnahme auf Abschn. 43 Abs. 7 Satz 3 EStR 1984 degressive Abschreibungen (§ 7 Abs. 2 EStG) in Höhe von 146642 DM vorgenommen. Die Rechnungen der Leasinggesellschaft waren überwiegend am 30.12.1985 ausgestellt worden. Das Finanzamt und das FG erkannten die Abschreibungen nicht an, weil die erworbenen Wirtschaftsgüter nicht zum Anlagevermögen, sondern zum Umlaufvermögen der KG gehört hätten. Begründung: Die bisher geleasten Wirtschaftsgüter seien nur zum Zwecke der Weiterveräußerung im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbetriebs durch die anschließend voll beendete KG erworben worden.

Der BFH hält die Revision für begründet. Das FG hat die Anforderungen an das Vorliegen von Anlagevermögen verkannt. Der BFH kann jedoch aufgrund der Feststellungen des FG die Rechtsfrage nicht abschließend beurteilen. Das Urteil wurde deshalb aufgehoben und die Sache an das FG zurückzuverwiesen. Der BFH stellt sich auf den Standpunkt, dass nicht fraglich sein kann, dass die – bisher geleasten – Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen der KG erworben worden wären, hätte diese nicht ihren Geschäftsbetrieb an die GmbH veräußert, sondern selbst fortgeführt. Nichts anderes kann prinzipiell daraus abgeleitet werden, dass die Wirtschaftsgüter im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Gesamtbetriebs angeschafft wurden. Das FG muss Feststellungen zu dem Zeitpunkt treffen, zu dem das wirtschaftliche Eigentum an den zuvor geleasten Wirtschaftsgütern auf die KG übergegangen ist. Selbst wenn die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums noch im Jahr 1985 steuerrechtlich anzuerkennen sein sollte, ist die Vereinfachungsregelung der EStR, nach der für im 2. Halbjahr eines Wirtschaftsjahrs angeschaffte abnutzbare bewegliche Anlagegüter die Hälfte des für das gesamte Wirtschaftsjahr in Betracht kommenden AfA-Betrags anzusetzen ist, nicht bindend, wenn sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt (hier: Minderung des laufenden Gewinns zugunsten eines höheren Veräußerungs- oder Aufgabegewinns).

 

Hinweis

Für nach dem 31.12.2003 angeschaffte Wirtschaftsgüter darf AfA im Jahr der Anschaffung nur noch zeitanteilig vorgenommen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG). R 44 Abs. 1 EStR 2003 ist ab 1.1.2004 gegenstandslos.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 10.8.2005, VIII R 78/02.

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