Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann ein Leiharbeitnehmer zum einen bei der Verleihfirma begründen, wenn er seinen Arbeitgeber dauerhaft mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht. Insoweit sind die allgemein für die Annahme geltenden Grundsätze einer regelmäßigen Arbeitsstätte in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung zu beachten.[1] Die durch Verwaltungsanweisung festgelegte zeitliche Abgrenzung ist anzuwenden. Der Leiharbeitnehmer dürfte regelmäßig

  • weder 20 % seiner vertraglichen Arbeitszeit
  • noch einen ganzen Arbeitstag pro Woche Arbeiten im Betrieb des Verleiher verrichten

um dort im Normalfall keine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen.

Nach den Reisekostenbestimmungen kann bei Leiharbeitnehmern neben der betrieblichen Einrichtung des Leiharbeitgebers (46-Tage-Faustformel) auch die Betriebsstätte des Entleihers regelmäßige Arbeitsstätte sein, wenn die Tätigkeit des verliehenen Arbeitnehmers dort auf Dauer angelegt ist.[2] In der Vergangenheit sind Leiharbeitnehmer dagegen aufgrund ihres typischen Berufsbilds, das immer wieder durch wechselnden Einsatz bei anderen Entleiherfirmen gekennzeichnet ist, stets der Reisekostenart Einsatzwechseltätigkeit zugerechnet worden.[3]

Als Folge der geänderten Rechtsprechung, nach der auch ohne zeitliche Befristung im Regelfall in der betrieblichen Einrichtung des auswärtigen Dritten keine regelmäßig Arbeitsstätte begründet wird[4], sowie der Rechtsprechung in Outsourcing-Fällen sind bei Leiharbeitsverhältnissen nur noch 2 Fallgruppen möglich, in denen der Einsatzort des Entleihers als (außerbetriebliche) regelmäßige Arbeitsstätte in Betracht kommt. Das bisherige BMF-Schreiben zur reisekostenrechtlichen Behandlung von Leiharbeits- und Outsourcing-Fällen ist insoweit überholt.[6]

Zeitarbeitsvertrag umfasst einen Entleihereinsatz

Ausgehend von den allgemein für nichtarbeitgebereigene Einrichtungen geltenden Grundsätzen[7] können Leiharbeitnehmer beim Entleiher nur dann eine regelmäßige Arbeitsstätte begründen, wenn ihre Tätigkeit dort auf Dauer angelegt ist. Diese zeitliche Voraussetzung ist nach der mit der aktuellen Rechtsprechung im Einklang stehenden Verwaltungsauffassung[8] ausschließlich in Bezug auf das Dienstverhältnis zum Verleiharbeitgeber zu prüfen. Eine regelmäßige Arbeitsstätte am auswärtigen Einsatzort kann deshalb nur dann vorliegen, wenn der Leiharbeitnehmer aufgrund des mit der Verleiherfirma geschlossenen Zeitarbeitsvertrags davon ausgehen kann, während der Gesamtzeit seines Arbeitsverhältnisses mit der Zeitarbeitsfirma ausschließlich bei einem Entleiher eingesetzt zu werden.[9]

Unabhängig davon, ob ein befristeter oder unbefristeter Zeitarbeitsvertrag geschlossen wird, ist von einer dauerhaften Auswärtstätigkeit i. S. e. regelmäßigen Arbeitsstätte beim Entleiher dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen während seines Zeitarbeitsverhältnisses nur an ein Unternehmen überlassen werden kann. Bei einem befristeten Überlassungsvertrag muss demzufolge der mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossene Leiharbeitsvertrag eine zeitgleiche Befristung enthalten. Wird der Leiharbeitnehmer nur für die Dauer eines bestimmten Projekts eingestellt und das Arbeitsverhältnis endet danach, ist er in Bezug auf sein befristetes Dienstverhältnis mit der Zeitarbeitsfirma auf Dauer bei demselben Entleiher eingesetzt.

 
Praxis-Beispiel

Projektbezogener Zeitarbeitsvertrag

Ein in Ludwigshafen wohnhafter Ingenieur wird zur Abwicklung eines Großauftrags von einer Zeitarbeitsfirma in Stuttgart für 2 Jahre eingestellt und an eine Hoch-Tief AG zum Einsatz in der in Karlsruhe gelegenen Betriebsstätte verliehen. Der mit der Baufirma abgeschlossene Arbeitnehmerüberlassungsvertrag endet zeitgleich mit dem Arbeitsverhältnis zur Verleiherfirma.

Ergebnis: Der Leiharbeitnehmer begründet vom 1. Tag der Tätigkeit auf der Baustelle in Karlsruhe eine regelmäßige Arbeitsstätte am Einsatzort des Entleihers. In Bezug auf das Leiharbeitsverhältnis ist die Tätigkeit dort nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Aufgrund der zeitlichen Befristung seines mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossenen Arbeitsvertrags musste der Arbeitnehmer nicht damit rechnen, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Die arbeitstäglichen Fahrten von seiner Wohnung in Ludwigshafen zum Büro in Karlsruhe erfolgen deshalb nicht im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit. Der Leiharbeitnehmer kann für die Baustellentätigkeit in Karlsruhe keine Reisekosten erhalten.

Anders verhält es sich, wenn der Leiharbeitnehmer bereits durch die Art der Tätigkeit beim Entleiher eine Auswärtstätigkeit ausübt. Wäre im Beispielsfall der Ingenieur ausschließlich auf einer Baustelle des Kunden eingesetzt und sucht auch nicht mindestens 1-mal pro Woche den Betrieb des Entleihers auf, begründet er wie andere von der Baufirma fest angestellte Bauarbeiter während des Leiharbeitsverhältnisses keine regelmäßige Arbeitsstätte und kann für die 2-jährige Auswärtstätigkeit ...

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