Zusammenfassung

 
Begriff

Der GmbH-Geschäftsführer ist verpflichtet, bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) Insolvenzantrag zu stellen (Insolvenzantragspflicht gemäß § 15 a InsO). Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der GmbH die Schulden nicht mehr deckt. Eine GmbH ist zahlungsunfähig, wenn sie bei Fälligkeit ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen finden sich in § 15 a und b InsO, §§ 1719 InsO.

1 Einführung – Aufgaben und Risiken

Aufgabe des GmbH-Geschäftsführers ist es, Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, wenn sich die GmbH in der Krise befindet oder aber rechtzeitig Insolvenzantrag zu stellen. Wenn die GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet ist, muss der Geschäftsführer einen Insolvenzantrag stellen (§§ 15 a ff. InsO). Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann er die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen, was gründlich geprüft werden muss.

 
Achtung

3-Wochen-Frist bei Zahlungsunfähigkeit, 6-Wochen-Frist bei Überschuldung beachten

Der Geschäftsführer muss spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, bzw. 6 Wochen nach Vorliegens der Überschuldung, Insolvenz anmelden (§ 15a Abs. 1 Satz 2 InsO).

Stellt der Geschäftsführer den Insolvenzantrag trotz Insolvenzreife nicht oder nicht rechtzeitig kann er sich strafbar und schadensersatzpflichtig machen. So ist auch die fahrlässige Verschleppung des Insolvenzantrags eine Straftat (§ 15a III und IV InsO). Seitens der insolventen Gesellschaft muss der Geschäftsführer befürchten, dass ihn der spätere Insolvenzverwalter auf Erstattung von Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen (sog. Masseschmälerungen) in Anspruch nimmt, die der Geschäftsführer trotz Insolvenzantragspflicht noch zugelassen hat (siehe § 15b IV InsO, bis 31.12.2020 in § 64 GmbHG geregelt). Daneben kann es auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung des Insolvenzverwalters oder von Gläubigern wegen der Insolvenzverschleppung geben (§ 823 II BGB i. V. m. § 15a III, IV InsO).

2 Zahlungsunfähigkeit

Eine GmbH (GmbH & Co. KG) ist zahlungsunfähig, wenn sie fällige Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Davon geht das Gesetz aus wenn die Gesellschaft ihre Zahlungen eingestellt hat (§ 17 II 2 InsO). Ansonsten ist fraglich, welcher Grad der Zahlungsunfähigkeit zu fordern ist und wie lange dieser Zustand andauern muss, damit der Insolvenzgrund angenommen werden kann. Mit anderen Worten ist zu entscheiden, wie viel Prozent der fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr über welchen Zeitraum bedient werden können, damit die Zahlungsunfähigkeit bejaht werden kann.

Der BGH hat in einer Grundsatzentscheidung am 24.5.2005, IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, die Zahlungsunfähigkeit definiert und den Zeitraum von 3 Wochen zugrunde gelegt sowie die Liquiditätslücke näher definiert (Leitsätze):

a) Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen 3 Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.

b) Beträgt eine innerhalb von 3 Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.

c) Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.

 
Praxis-Beispiel

Der Steuerbescheid

Die GmbH erhält im Anschluss an eine Außenprüfung des Finanzamtes einen Steuerbescheid über Steuernachzahlungen im Bereich der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zuzüglich Zinsen in Höhe von 120.000 EUR, fällig in einem Monat. Kann die Gesellschaft diese Forderung bei Fälligkeit nicht zahlen und beträgt diese offene Forderung mindestens 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten und dauert dieser Zustand 3 Wochen an, müsste der Geschäftsführer wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag stellen. Wäre die Forderung des Finanzamtes z. B. die einzige offene Forderung, die fällig ist, hat die GmbH aber zu diesem Zeitpunkt "nur" eine Liquidität von 50.000 EUR auf ihrem Konto, läge eine relevante Liquiditätslücke vor. Die GmbH müsste mehr als 90 % der fälligen Forderung begleichen können, um den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit auszuräumen.

Der Geschäftsführer muss prüfen, ob beim Finanzamt ein Antrag auf Stundung mit Aussicht auf Erfolg gestellt werden kann oder ob die Gesellschaft aus eigener Kraft Kredit erhält oder ob sie sich sonst die Liquidität, z. B. durch Verkauf eines Gegenstands des Anlagevermögens beschaffen kann, um die sich abzeichnende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden oder um die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit aus...

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